Reminiszens an zwei windige Februar Nächte

20. und 27. 2. 1998, Ebenwald

Manche Nacht ist signifikant im Gedächtnis, manche bruchstückhaft. Man muss ein wenig in den Aufzeichnungen graben, dann kommen die Erinnerungen doch. Insgesamt durchaus erwähnenswert, deshalb versuche ich hier eine Reminiszenz, eine Rekonstruktion.

Der Februar 1998 brachte einige klare Nächte, manche vom Wetter her unsicher, manche erschien vorderhand wie eine sichere Bank. So kam es, dass wir schon eine "Spechtlübung" bei Niederkreuzstetten im Weinviertel hatten, und auch eine reine "Aufbauübung" für den 18" Dob. Diese Aktionen sind nicht mehr der Rede wert. Konzentrieren wir uns auf zwei Nächte, die vom 20. auf den 21. Februar, und die vom 27. auf den 28. Februar. Diese beiden Nächte lockten uns auf die Ebenwaldhöhe. Dort war der Himmel doch viel besser als hier im Weinviertel. Für ausgereiztere Beobachtungen also keine Frage.

Das Wetter ist jedoch kein Wunschkonzert. Beide Ebenwald Nächte waren fern von ideal. In der ersten der oben genannten Nächte, also wir starten am 20. Februar, war der Himmel anfangs fein. Mit einsetzendem Südoster, der mit der Zeit böig und lästig wurde, gab auch der Himmel nach. Von den anfangs 6 mag freisichtig blieben am Ende nur mehr 5 mag über. Egal wie, der Süden ist dabei auf der Ebenwaldhöhe immer noch weitaus dunkler als er hier im Weinviertel jemals sein kann. Somit war eher der Wind der Spielverderber, der uns letztendlich aufgeben ließ. Die zweite Nacht, am 27. Februar, war der Himmel anfangs sogar noch einen Zacken besser, gut und gern 6.2 mag. Nur war es da schon leicht windig, und auch in dieser Nacht setzte der stärker werdende Wind letztlich dem Treiben ein Ende. Nicht nur das, auch wurde wie in der ersten Nacht der Himmel mit der Zeit matter. Somit ähneln sich diese Nächte irgendwie in ihrem Charakter.

Beide Nächte war viel Betrieb auf der Ebenwaldhöhe, die damalige Astrofoto Elite - Rhemann/Kersche etc. war anwesend, mit damaliger High-Tech Ausrüstung. Wir hatten in der ersten Nach den 18" Dob als Beobachtungsgerät, parallel hatte Walter sein 8" SC für die Fotografie aufgebaut. In der zweiten Nacht diente uns mein 5.7" Maksutov-Newton, und Walter hatte sein 8" SC mit, für, na was wohl. Neben schönen astronomischen Eindrücken ist viel Verkehr auf der Ebenwaldhöhe in Erinnerung. Genau die vielen Autos, mit vollem Scheinwerferlicht, waren für mich als Deep Sky Beobachter nicht so lustig. Wenn ich da noch an andere Ereignisse zurückdenke, dann war auch zu viel "Geplauder" für mich, eh, soziale Kontakte in dieser Szene sind genauso wichtig, aber unter bestem Himmel zu stehen und die Zeit mit Quatschen zu vertun statt beobachten, ist auch irgendwie ätzend. Es hat letztlich dazu geführt, dass ich die Ebenwaldhöhe eine Zeit lang eher gemieden habe. Aus heutiger Sicht ist dort tote Hose, wo ist die Szene von einst? Dafür hat man seine Ruhe, und auch der Verkehr ist "normal". Kaum ein Auto. Man mache sich um den damaligen heftigen Verkehr seinen Reim, oder waren es nur lokale Festl, die dafür verantwortlich waren?

Egal wie, starten wir in die Details der Beobachtungen, gleich mit der ersten Ebenwaldnacht, jene vom 20. auf den 21. Februar. Wie gesagt, wir haben mit dem 18" Dob beobachtet.

M42, der Orionnebel, ist im 18" natürlich ein Prachtstück. Er ist so hell, dass er sogar das Farbsehen bei mir triggert, ich nehme ein geisterhaftes Grün wahr.Die weit ausgreifenden "Schwingen", die sich im Süden zu einem geschlossenen Ring zusammenfinden, sind nicht zu übersehen. Mit vielen Strukturen. Besonders interessant ist M43 und das Gebiet um das helle Zentrum des Orionnebels. Hier kann man reinzoomen, und es kommen wahnsinnig viele Details zum Vorschein. Dieses wilde Gewölk, dazu die Trapezsterne, ein dunkler Schlund mit einer Lichtbrücke, einfach herrlich.

NGC 1977, ein Nebelkomplex etwas nördlich des Orionnebels, bestehend aus Reflexions-, Emissions- und Dunkelnebel, NGC 1993 und NGC 1995 sind Teile dieses Komplexes. "Ape Man" oder "Running Man" Nebel genannt, aufgrund der "dunklen" Struktur in diesem Nebel. Die Figur war sehr deutlich zu erkennen, auch der dunkle, runde Einschnitt im Süden des Nebels. Der Ape Man selbst ist nicht wirklich dunkel, hier leuchtet stark geschwächt ein Emissionsnebel durch. Einsatz von Nebelfilter kann hier den Kontrast schwächen.

Der Pferdekopfnebel, B33, ist ein Dunkelnebel vor dem Nebelstrip IC 434, der sich von Alnitak, dem Stern ζ Orionis nach Süden zu zieht. Mit dem 18" Dob und H-Beta Filter war es ein Genuss. Sicher ist es hilfreich, den hellen Stern Alnitak außerhalb des Feldes zu positionieren. Die Pferdekopfgestalt kam indirekt gut heraus. Doch geht's noch mit Alnitak im Feld, vielleicht sogar zusammen mit dem Flammennebel NGC 2024, der auch mit dem H-Beta Filter sehr gut kommt. Diese Anblick hat was, alles zusammen, fast wie ein Foto. Eines ist sicher: wenn man den Flammennebel schön strukturiert und gut sieht, ist auch der Pferdekopfnebel ein Hit. Ist der Flammennebel nur matt zu sehen, kann man die Jagd auf den Dunkelnebel gleich vergessen.

Um den Sternhaufen NGC 2244 rankt sich der Rosettennebel, der seinerseits die Bezeichnungen NGC 2237, NGC 2238, NGC 2239 und NGC 2246 trägt, ist zu groß für das Feld des 18" Dobs. Idel ist hier der [OIII] Filter. Wir konnten den Rosettennebel abfahren, und hellere und schwächere Gebiete sehen, und auch dunkle Bänder, die den Nebel durchziehen. Ein hoch interessantes Feld zum Stöbern, da gäbe es durchaus noch mehr zu untersuchen.

NGC 2264 bezeichnet den Weihnachtsbaumhaufen und die umgebenden Nebelmassen. Ein nettes Sterngrüppchen am Himmel, in Form eines Christbaumes mit "Kerzen". Den Strunk des Weihnachtsbaumes bildet der Stern S Monocerotis, er ist von einem Reflexionsnebel umgeben, der deutlich sichtbar ist. An der Westseite des Sternhaufens ziehen sich auch merkbare Nebelstreifen entlang, diese rühren von einem Emissiosnebel her. Detto ist die Spitze des Weihnachtsbaumes von Emissionsnebel umgeben, in diese der Konusnebel als dunkler Keil ragt, sozusagen als "Christbaumspitz". Wir konnten die besprochenen Nebelpartien wohl sehen, hatten den UHC Filter drinnen, der Konusnebel wollte sich allerdings nicht zeigen.

Abell 21 (auch Sh 2-274, oder PK 205+14,1) bezeichnet einen planetarischen Nebel, "Medusa Nebel" genannt. Mit einer Ausdehnung von rund 10' und einer Helligkeit von etwa 10 mag war dieses Objekt kein Problem für den 18" Dob. Mit dem [OIII] Filter ergab sich der Eindruck eines etwas zu dick geratenen Sichelmondes, aber mit fast zu einem Ring geschlossenem Außenrand.

NGC 2359, Thor's Helmet, ist ein Wolf-Rayet-Ringnebel mit etlichen "Fortsätzen", gemeinhin "Haxen", dran. Fällt beobachtungstechnisch unter die Emissionsnebel, Filter helfen -  vielleicht, wir haben gleich ohne Filter beobachtet. Im 18" war diese große Nebelblase, ein runder Fleck mit zwei deutlich sichtbaren Ausläufern und zwei schwieriger erkennbaren Ausläufern zu sehen. Durchaus spektakulär.

IC 443 (auch Sh 2-248), oft Jellyfish Nebula oder Quallennebel genannt, ist ein Supernova Überrest, nahe dem Stern η Geminorum. Dieses Objekt ist für den visuellen Beobachter doch ein härterer Brocken. Mit dem 18" ist der hellste Teil, ein Bogen, wohl sichtbar, aber es hat ein Weilchen gedauert, bis ich mich hin getastet habe. Man erschlage mich, ich weiß nicht mehr, Nebelfilter, oder nicht.

An dem nun nur mehr 5 mag Himmel kamen ein noch ein paar Galaxien dran, z.B. M51, M101, das Leo Triplet (M65, M66, NGC 3628), die M95 Gruppe (M95, M96 und M105), die "Needle" NGC 4565, die "Walfisch" NGC 4631 und "Wal-Baby" NGC 4627 Galaxien, NGC 4656/57 ("Hockey Stick" Galaxie), und ein letzter Blick galt dem Kugelsternhaufen M3. Viel mehr als "aha" war eh nicht mehr - ok, im 18" unter diesen Bedingungen immer noch mehr zu sehen als in einem kleinen Röhrchen. Es war ein dem Frühling entgegen schauen.

Die zweite Nacht, vom 27. auf den 28. Februar, beobachteten wir mit dem 5.7" Maksutov-Newton. Wir beobachteten einige Objekte der letzten Nacht, und ich stöberte auch einige für mich neue Objekte auf.

M42 ist natürlich auch im 5.7" MN ein Hammer. Der im Süden geschlossene Ring war problemlos zu sehen, und zoomt man in den hellsten Bereich hinein, zeigt auch die moderate Öffnung tolle Strukturen im Bereich des Trapezes, mit den vier bzw. sechs "Glitzerpunkten" der Trapezsterne. Mit dem weit größeren Feld rutscht man nur ein bissl nach Norden, und hat den NGC 1977 Nebelkomplex mit dem "Running Man" im Blick, oder knapp südlich den Iota Orionis Haufen NGC 1980 mit etwas Nebel um den Stern ι Orionis. Der Haufen ist nicht sehr auffällig, ein paar hellere Sterne, auf größerer Fläche verteilt. 

Sh 2-276, Barnards Loop, ist ein riesiger Nebelbogen, der die Gürtelsterne und den Orionnebel Komplex großräumig von Nord über Ost bis Süd umgreift. Mit H-Beta Filter und einem Weitwinkelokokular bei niedriger Vergrößerung kommt man ihm durchaus auch visuell bei. Am hellsten ist er in dem Bereich von M78, wenn man auf gleicher Höhe ein Stück nach Ost geht. Dabei trifft man auch auf den wenig auffälligen Haufen NGC 2112, von dem man mit H-Beta Filter so gut wie nichts sehen wird. Jedenfalls konnten wir Barnards Loop ein gutes Stück weit abfahren. In den schwächeren Partien ist der Nebelbogen nur mehr schwer ausnehmbar.

NGC 1999 ist ein Reflexionsnebel um den Stern V380 Orionis. Ich habe drauf gehalten, ein diffuser Halo um den Stern war zu sehen. Was ich damals versäumt habe: Rein vergrößern. Es verbirgt sich drin ein Dunkelnebel, der dem Nebel den Beinamen "Schlüsselloch-Nebel" gibt.

NGC 2175 ist ein Sternhaufen mit Nebel, der die Bezeichnung NGC 2174 oder Affennkopfnebel trägt. Leicht zu sehen, ein runder Nebelfleck mit abfallender Helligkeit gegen den Rand zu. Man braucht nicht unbedingt ein Fernrohr, auch Walters 15x80 Glas zeigte den Nebel.

Der Rosettennebel, ich spare mir hier nochmals die ganzen NGC Nummern aufzulisten, ist im 5.7" MN ein Hochgenuss. Ein dunkler Himmel, Weitwinkel Okular, großes Gesichtsfeld und Nebelfilter. Es ist angerichtet. Der Sternhaufen in der Mitte, der Nebel rundherum, kontrastreich, dieses Gewölke. Unsere Begeisterung hat wohl Argwohn bei den Hi-Tech Fotografen entstehen lassen. Sie riskierten einen Blick durch mein Teleskop und waren schlicht perplex, dass man dieses Ding visuell so gut sehen kann.

Abell 21, den Medusa Nebel, probierten wir auch mit dem 5.7" MN. Kein Problem, geht durchaus, mit Weitwinkel Okular und Nebelfilter war eine breite Sichel zu sehen..

IC 2177, auch Seagull Nebel bezeichnet, eher ein fotografisches Objekt. Doch wie ich halt einmal bin, wollte ich wissen, ob man visuell etwas davon sieht. Und ob! Nicht ganz leicht, aber es gibt hellere Teile, die nicht allzu schwierig sind. Man starte bei dem Sternhaufen NGC 2335. Von dort zieht sich ein Nebelband in leicht geschwungenem Bogen bis nach Süden, wo man auf den hellen Nebelfleck Sh 2-297, der alternativ auch die Bezeichnungen LBN 1039 oder Ced 90 trägt. Noch einmal nach Norden, ein Stück südwestlich des Haufens NGC 2335 findet man einen abgesetzten Nebelfleck Sh 2-292, oder vdb 93. Nachdem ich meine Erkundung erfolgreich gemeldet habe, wollte Walter natürlich auch sehen, ob das alles so ist, wie ich sage. Mit einiger Anleitung konnte Walter jedoch ebenfalls alle Teile des Nebelkomplexes "zusammenklauben". Der Seagull Nebel ist jedenfalls auch ein Objekt für den H-Beta Filter. Es ist sicher jener Filter, den man am wenigsten braucht, dennoch, es gibt mehr Objekte die am ehesten damit zu beobachten sind als man gemeinhin annimmt.

Nach etwas anstrengender Arbeit wieder leichtere Kost: Der Sternhaufen M46, in dessen Außenbereich sich der planetarische Nebel NGC 2438 befindet. Ein netter Anblick, man braucht keinen Filter, um den planetarischen Nebel zu erkennen. Wie man heute weiß, gehört NGC 2438 nicht zu M46, er liegt lediglich in der gleichen Sichtlinie.

IC 410, ein Emissionsnebel im Sternbild Fuhrmann, ist keine Neuigkeit für uns. Auch mit dem 5.7" MN schon öfter beobachter, unter Ebenwaldhimmel jedenfalls war eine größere Ausdehnung dieses bogenförmigen Nebels wahrnehmbar. IC 405 um den Stern AE Aurigae, bekannt als "Flaming Star" Nebel, ist eine andere Sache. Nur im nördlichen Teil, direkt um dem Stern AE, war mit UHC bzw. H-Beta Filter Nebel zu erkennen. Der nach Süden reichende Ausläufer bleibt den Fotografen vorbehalten.

Damit hatte ich die für mich bereits bekannten Objekte hinter mir gelassen, und begab mich auf die Suche nach neuen. Vorwiegend offen Sternhaufen, wie: NGC 2395, NGC 2355, NGC 2254, NGC 2259, und Tr 5. Ein bemerkenswertes Objekt ist der Sternhaufen NGC 2169. Hier ist in "Sternenschrift" zu lesen: "37". Daher auch der Beiname "37 Cluster". So lass ich es mir gefallen, wenn die Sternhaufen gleich am Himmel beschriftet sind ;-)

In der Uranometria bin ich auf diese zwei Objekte gestoßen: Sh 2-257 und IC 2162 (Sh 2-255), zwei Emissionsnebel Flecken, am Himmel direkt nebeneinander. Mit UHC Filter, bei niedriger Vergrößerung, waren diese Objekte wahrnehmbar. IC 2162 erscheint etwas heller.

Mit ein paar Blicken auf Galaxien, die wir in der ersten der beiden Nächte beobachten, beendeten wir auch diese Session.

Wie schon erwähnt, wir haben diese beiden Nächte dem Wetter und den Bedingungen irgendwie abgetrotzt. Und gut so, bietet doch der Winterhimmel so viele schöne Objekte. Man kommt sowieso viel zu selten dazu, sie beobachten zu können. Speziell die zweite dieser Nächte ist vor meinem geistigen Auge fast bis in die Details "auferstanden", nicht nur die Beobachtung, sogar die Szenerie. Wenn man nur den "Schutt" im Gedächtnis etwas zur Seite räumt...

Howdii