Mit Kaiserwetter hatte der Tag begonnen, so planten Walter und ich trotz des Viertelmondes eine Spechtlsession bei Niederleis im Weinviertel. Nachmittag war der Himmel plötzlich - mehr als uns lieb war - mit Cirren überzogen, die gegen Abend etwas weniger wurden. Wir trafen uns jedenfalls zur "Geisterstunde" bei schon recht tief stehendem Mond, der etwa um 1:00 Uhr unterging. Es waren etliche größere Wolkenflecken am Himmel zu sehen, die Zenitgegend blieb aber frei. Nach Monduntergang wurde erst das Potential der Nacht sichtbar, indirekt war die 5. Größe zu schaffen, überkopf die Milchstraße durchaus eindrucksvoll, horizontnah dunstig und recht starke Himmelsaufhellung. Die letzten Wolken verzogen sich auch noch, zumindest haben wir keine mehr bewusst wahrgenommen. So ganz sauber dürfte es aber die Nacht über nicht gewesen sein, dazu etwas später.
Diesmal hatte ich den kleinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton mit. Und gleich stürzte ich mich mit 2" Widefield Okular und UHC Filter auf IC 1396 im Cepheus. Dazu angelt man mit dem Sucher nach μ Cephei, was in der sternreichen Gegend nicht allzu einfach ist, hier könnte ein Telrad wesentliche Erleichterung bringen. Den "Garnet Star" μ Cephei kann man aber kaum verwechseln, schon im Sucher ist der M2 Stern auffällig rötlich. Mit gut 2.5 Grad Gesichtsfeld tut man sich bei dem riesigen Nebelfleck IC 1396 wohl leichter, man muß aber auch tüchtig die Gegend abfahren, um die Ausdehnung und Form halbwegs mitzukriegen. Letztlich erschien IC 1396 als riesiger Ring mit etwas dunklerem Zentrum, darin die verstreuten Sterne des unscheinbaren, gleichnamigen Sternhaufen. Mit [OIII] Filter war teilweise besserer Kontrast zu erzielen. Es ist jedenfalls nicht einfach, tatsächliche Nebel von einer Täuschung auseinanderzuhalten: Speziell mit Nebelfilter sehen sternreiche Gebiete immer ein wenig "nebelig" aus, was man leicht falsch deuten könnte. Zudem muß man Streulicht gut vom Okular abschirmen, da selbst Sternenlicht von der "spiegelnden" Oberfläche des Filters zurückgeworfen werden kann. Walter lichtete IC 1396 mit seinem 8" SCT bei f/6.3 eine Stunde auf Fuji SGP 800 ab, mal sehen was er auf Film gebannt hat.
Weiter ging's mit [OIII] und Widefield auf den Nordamerikanebel (NGC 7000) und den Pelikannebel (IC 5067). Da gab's keinerlei Schwierigkeiten, der Nordamerikanebel stand wie gewohnt formatfüllend da, mit "Florida" und "Golf von Mexico", und der Pelikannebel zeigte den dunklen Einschnitt, der den "Schnabel" vom "Körper" trennt. Nebenbei sei auch der Dunkelnebel LDN 935 erwähnt, der den Pelikannebel vom Nordamerikanebel trennt.
Etwas stutzig wurde ich bei den Gamma Cygni Nebeln, die mehr Probleme bereiteten als ich erwartet hatte. Dann wollte ich auch den Crescent Nebel (NGC 6888) beobachten, den ich aber erst beim dritten Hinsehen als solchen erkannte. Tatsächlich war wieder nur der hellere, nördliche Teil zu sehen.
Vielleicht doch nicht die richtige Nacht zum Nebelspechteln? So holte ich Saturn ins Blickfeld. Das Seeing war nicht gerade berauschend. Minutenlang fand man überhaupt keinen ruhigen Moment, dann gelang es doch blickweise die Cassiniteilung auszunehemen, und in einem besseren Augenblick konnte ich sogar den C-Ring erahnen, was Walter bestätigte. Sicher, *wenn* man ihn einmal gesehen hat, fällt der Crepe-Ring auch in einem kleineren Gerät auf.
Ich wollte nun eigentlich zusammenpacken, doch Walter stiftete mich zu weiteren Taten an. So kletzelte ich im Fuhrmann, der den horizontnahen, aufgehellten Himmelsgebieten schon weitgehend entflohen war, NGC 1931 heraus. Das ist ein wunzikleiner Emissionsnebel mit grad mal drei Bogenminuten Ausdehnung. Er war letzlich schon ohne Filter bei 22x als diffuser Stern sichtbar, bei 115x hatte man den Eindruck von zwei kleinen "Bogerln" um den Stern.
Nachdem NGC1931 gar so leichte Beute war, vergriffen wir uns noch an zwei weiteren Objekten, IC 410 und IC 405. IC 410 war auch nicht allzuschwer, ebenfalls ohne Nebelfilter war bei 22x ein länglicher, leicht gebogener Nebelstreifen zu erkennen, mit vielen schwachen Sterndln drin. Mit UHC Filter war der Nebel etwas deutlicher und mit größerer Ausdehnung zu sehen, auch ein Gebiet ohne Sterne war jetzt nebelig zu erkennen. Ein Blick in Vehrenberg's "Atlas der schönsten Himmelsobjekte" bestätigte diese Beobachtung.
IC 405, der "Flaming Star" Nebel, dürfte eine härtere Nuss für den kleinen 5.7" zu sein. Ohne Nebelfilter war gar nix, mit UHC nur bei 30x ein etwas unförmiger Nebel um den Stern AE Aurigae zu erahnen. Bei 22x oder 40x war wieder nix zu sehen.
Warum die "Nebelforscherei" in dieser Nacht teilweise widersprüchliche Ergebnisse brachte, sei an den Pleiaden erörtert, die mein abschließendes Spechtlobjekt, und auch Walter's Foto-Beute wurden. Der erste Blick durch's 22 mm Panoptic: Wow! Reflexionsnebel! Und da der Merope-Nebel! Nicht schwach! Je länger ich die blauen Nebel um die hellen Pleiadensterne anguckte, desto "spanischer" kam mir die Sache vor. Das war schon ein wenig aufdringlich. Ich untersuchte die Optik, ob etwas beschlagen wäre, nein, die Meniskuslinse war vielleicht ein bissl staubig, mehr nicht. Das kann schon ein Grund für übermäßige Lichthöfe um helle Sterne sein, aber das war zu arg. Ich stellte zur Kontrolle andere helle Sterne ein, etwa Aldebaran, der hatte auch einen beträchtlichen Hof. Hmmm. Zurück zu den Pleiaden. Mittlerweile interessierte sich auch Walter näher für meine misstrauischen Untersuchungen. Wir spechtelten beide abwechselnd ins Okular und konnten uns nicht ganz klar werden, sind das nun reale Reflexionsnebel oder nicht? Die Pleiaden sahen wie in einem angehauchten Spiegel aus, ein durchaus ästhetischer Anblick. Die Nebel um die Sterne waren jedenfalls verdammt blau. Gut, die hellen Pleiadensterne sind allesamt von der Spekralklasse B, und die Reflexionsnebel erscheinen auf Fotos auch blau, das macht die Sache nicht einfacher. Wir versuchten nun festzustellen, um welche Sterne Nebel sein "darf" und um welche nicht. So zum Beispiel waren um Alcyone (2.8 mag) und Maia (3.9 mag) kräftige blaue Nebel, um die 4.3mag helle Taygeta jedoch kein nennenswerter Lichthof sichtbar, Merope (4.2 mag) und Electra (3.7 mag) waren wieder von blauen Nebeln umgeben. Gefühlsmäßig auch etwas zuviel "Nebel" bei Atlas und Pleione. Die Wahrheit dürfte also irgendwo in der Mitte liegen. Teils kann man die blauen Lichthöfe, die wir beobachtet haben, den Reflexionsnebeln zuordnen, teils ist es wohl Illusion. Der Merope-Nebel war echt, keine Frage..
Was hat der Howdii nur mit seinen "Lichthöfen"? Das hab ich mich in der Nacht auch ein bissl gefragt. Die mögliche Ursache zeigte sich am nächsten Morgen: Feinste Wolkenschleier überzogen den Himmel, was wohl geringfügig wechselnde Bedingungen ergab, und eine leicht beschlagene Optik "ersetzte" :-)
Mit dieser Diskussion will ich nur aufmerksam machen, dass man jedes Beobachtungsergebnis hinterfragen sollte, ob es da auch mit rechten Dingen zugegangen ist.
Howdii