Ein Arbeitskollege zu Besuch, und ein seltsames Ding am Himmel

3. 5. 1994, Mistelbach

Beim Mittagessen in der Werkskantine sind wir auf meine Beobachtungen der letzten zwei Tage zu sprechen gekommen. Und ein Arbeitskollege zeigte sich interressiert, ob er einmal kommen dürfe. Ja, da die nächste klare Nacht absehbar war, sagte ich spontan zu.

Ich war schon draußen, hatte mein Teleskop, das 6" f/10 Mak, schon aufgebaut. Und einen ersten Blick auf den Komet McNaught-Russel (1993v) geworfen. Die Dämmerung war noch gar nicht zu Ende, ich habe den Komet dennoch gefunden, und gleich die Nachführung an der Montierung in Gang gesetzt. Dann ging ich ums Haus, um zu sehen, wann mein Kollege kommt, sollte jede Minuten sein.

Da fiel mein Blick auf ein seltsames Ding im Perseus, tief im NNW, hell. Ich holte rasch das 7x50 Fernglas, und staunte nicht schlecht. Es erschien etwa Vollmond groß, wie ein dreieckig geformter Kometenkern in einer diffusen Koma. Da fuhr ein Auto vor. Mein Kollege sprang raus, deutete sofort auf dieses Objekt und fragte: "WAS ist das?" Ich konnte es natürlich nicht beantworten, sondern nur feststellen, ich weiß es nicht, noch nie so etwas gesehen. Ein UFO jedenfalls, ist es sicher nicht. Wir stellten auch fest, dieses Objekt bewegt sich langsam, aber in keine bestimmte Richtung. Eigenartig, allemal.

Wir gingen nun hinters Haus, um durchs Fernrohr zu gucken. Immer wieder doch auf die Nordseite des Hauses, das komische Ding im Auge behalten. Nach etwa einer Stunde war es mehr nach NW gewandert, stand nun höher am Himmel, war mit freiem Auge nicht mehr so leicht zu sehen. Im Feldstecher war es etwa 2° groß, und sah aus wie ein Hausdach im Profil, von der Giebelseite aus gesehen. Zum Ende unserer Beobachtung war dann nichts mehr zu finden.

Nun zu den "Vorführobjekten" für meinen Gastbeobachter.

M3, 50x - 150x, recht schön aufgelöst.

M13 bei 300x, mein Gast meinte, es sei spektakulär!

Jupiter mit Grünfilter, bei 100x am besten. Ein dunkler "Punkt" im SEB, der GRF? Um 21:06 (MEZ) wäre Meridiandurchgang gewesen. Später, Jupiter so hoch wie geht im Süden, zwei Stunden später, war es dann besser, Der GRF natürlich nicht mehr. Erstmals habe ich mehr Details erkannt! Unter dem SEB noch ein sehr schmales Band, der obere Rand des SEB verwellt, über dem NEB auch ein Band, nicht ganz so schmal wie das südlich des SEB.

M5, bei 150x, die unregelmäßige Form ist aufgefallen.

M57, bei 300x mit [O III] Filter: Der Himmel im Okular pechschwarz, der Ring wie ausgestanzt. Ohne Filter, meinte mein Gast, sei dieses Objekt schöner, was ich auch irgendwie fand.

ε Lyrae, bei 100x schon getrennt, bei 150x schwieriger, bei 200x wieder besser, bei 300x dann klar.

Albireo: Mein Gast war von dem Farbkonstrast, blau und gelborange, schwer angetan.

M81 war bei 75x kaum besser als bei 50x.

M82 bei 150x, die Staubstrukturen waren schön sichtbar.

Mein Gast verabschiedete sich nun, und meinte zum Fernrohr: Ein nettes Spielzeug!

Damit ist diese Beobachtung zu Ende gegangen.

 

Natürlich ließ mir dieses seltsame Ding, das wir beobachtet hatten, keine Ruhe. Was könnte es gewesen sein? Vielleicht Aurora, irgendwas? Da ich aus sci.astro den Kontakt zu Mike Boschat hatte, seinerseits Aurora Spezialist, schilderte ich ihm meine Beobachtung. Die Antwort kam rasch. Es habe in dieser Nacht Aurora Aktivität gegeben, bis zum 45. Breitengrad beobachtbar. Es könne sich um sog. "patch type Aurora activity" handeln. Solche Erscheinungen stünden mitunter stundenlang fast still am Himmel. Ich war damit mal zufrieden, und dachte, soweit geklärt.

Doch, halt. Dieses fragliche Objekt wurde auch in Tschechien beobachtet, und weiten Teilen Mitteleuropas. Über Mike Boschat bekam Jan Kucera aus Brünn Kenntnis von meiner Beobachtung. Jan schickte mir seinen Bericht und viele Stellungnahmen, die er dazu erhalten hatte. Demnach versuchte Brian Marsden vom MPC, aus von italienischen Beobachtern astrometrischen Daten einen Orbit zu rekonstruieren, was etwa 100 km Höhe ergab. 

Später eingehende Beobachtungsberichte ergaben, dass dieses Objekt aus einer punktförmige Lichtquelle begonnen hatte, auf Venus Helligkeit anwuchst, sich ständig ausbreitete und dabei schwächer wurde. Eine Auroro Aktivität sei daher auszuschließen. Vielmehr könnte es von einem Satellit stammen, es könnte eine Bariumoxid Wolke gewesen sein. Was immer es gewesen sein mag, irdischen Ursprungs.

Howdii