Die iOptron CEM60 EC auf dem Berlebach Planet Stativ, mit dem 125 ED Refraktor im Test
Die iOptron CEM60 EC Montierung wäre von außen nicht erkennbar, wenn der Hersteller nicht mit rot eloxierten Schraubenköpfen farbliche Akzente gesetzt hätte. Es liegt sogar eine Schraube mit rot eloxiertem Kopf für das Gegengewicht bei (ein 9.5 kg Gegengewicht ist im Lieferumfang enthalten), wer es ganz nobel haben will. Nur, um der Zuladefähigkeit dieser Montierung halbwegs gerecht zu werden, braucht man sicher zwei dieser Gegengewichte, und dann wäre halt beim zweiten Gegengewicht der Schraubenkopf silberfarben, so wie im obigen Bild.
Was das Besondere an der CEM60 EC ist: sie hat an der RA Achse eine hochauflösenden Encoder, der Gleichlauf der Achse wird also ständig geregelt. iOptron verspricht einen Trackingfehler < 0.5" RMS. Das ist schon eine Ansage. Es sollten damit - in gewissen Grenzen, freilich - unguided Aufnahmen gelingen. "Feinde" der Lösung ohne Autoguider, nur mit dem RA Encoder sind: Polaufstellungsfehler, Biegeeffekte im Setup, die atomsphärische Refraktion. Klar, dass ohne Autoguider Grenzen existieren. Aber wie weit es gehen kann, wollten wir probieren.
Zuerst zogen wir über etwas mehr als vier Schneckenumläufe ein Trackingprotokoll (sorry, ich habe vergessen, die Schneckenperiode in PECPrep auf die der CEM60 einzustellen, deswegen sieht es nach drei Zyklen aus). Sagen wir so, die Schneckenperiode ist irrelevant, weil eben der Gleichlauf der Achse permanent geregelt wird, der Encoderauflösung entsprechend. iOptron nennt dies RPEC, also "Realtime PEC". PEC findet man deshalb auch nicht im Menü der Steuerung. Was speziell im Menü der EC Variante ist: Man kann Guider Input für die RA Achse zulassen oder blockieren, dann läuft die RA Achse nur durch den Encoder gereget. Sonst ist alles ident mit der normalen CEM60.
Der Trackingverlauf der CEM60 EC im RPEC
Wie üblich lade ich erst das Profil der Dec Achse, und nehme von dort die Seeing Bandbreite ab. Es lag etwa innerhalb von +/- 1.5". Wir haben nur ein 1-Stern Alignment durchgeführt, also ist dann demensprechend im Log der Dec Achse nur das Seeing zu finden. In dieser Magnitude filtere ich dann Noise aus dem RA Protokoll. Was bleibt: Man sieht, das meiste spielt sich unter 0.8" ab, einige Zipfel gehen knapp gegen 1" hin. Der RMS Wertlaut PECPrep 0.28", das wäre also innerhalb der spezifizierten Bandbreite.
Den CEM60 Modellen liegt immer ein Datenblatt bei, das die Trackingperformance ausweist. Das Datenblatt zeigt die Spitzenabweichung knapp unter 1" und weist einen RMS Wert von 0.25" auf. Ob dieser Wert nun ein Idealwert ist, oder doch von dem entsprechenden Exemplar? Der PV Wert meiner Daten liegt etwa gleichauf, der RMS Wert meiner Datenerhebung weicht geringfügig ab, liegt dennoch im versprochenen Bereich.
RPEC über drei Schneckenzyklen, die hier überlagert dargestellt werden, etwas gedehnter
In der obigen Abbildung sieht man den Verlauf etwas gestreckt. Also in welcher Frequenz geregelt wird, hat sich uns im Test nicht erschlossen, wir haben im 1 Sekunden Raster aufgezeichnet. Die Regelung der RA Achse hört man auch. Wenn die Montierung im Tracking läuft, dudelt der Frequenzgeber für den RA Motor ein eintöniges Liedl. Man könnte es aufnehmen, mehrfach sampeln und unterschiedlich verzerren, noch ein Bum Bum Beat dazu, und wir haben einen Hit für die nächste Rave Party...
So, und was geht nun mit der Fotografie, unguided? Wir hatten einen 125/975 ED Refraktor im Test, also knapp ein Meter Aufnahmebrennweite. Nicht täuschen lassen: im Foto ganz oben sieht man eine Guider Kamera am Sucher dran und das Guiderkabel zur Montierung. Es war noch dran vom Aufzeichnen des Tracking Protokolls mittels PHD. Die Fotos sind wirklich unguided gezogen worden. Nachfolgend das Ergebnis:
Kugelsternhaufen
NGC 2419, "Inergalactic Wanderer". 10x 2 min + 3x 3 min, Canon 1000D
astromodifiziert, ISO 400. 125/975 ED Refraktor mit 2" Flattener.
Ausschnitt in voller Auflösung. Minimale Bearbeitung, keine Darks, Bias, Flats.
Wahnsinnig tolle Bedingungen hatten wir nicht. Nahezu Vollmond, 3 mag Himmel, dafür war das Seeing halbwegs gut, und die Luft relativ trocken. Nur auf den Autodächern bildete sich eine dünne Reifschicht. Wie gesagt, wir fuhren mit 1-Stern Alignment, daher konnte die Montierung auch in der Dec Achse keine Drift ausgleichen. Offensichtlich trat auch keine auf. Die Poljustierung dürfte sehr gut gelungen sein. Es geht geht also um eine gute Poljustierung, und sicher um die Refraktion. Das erste Bild der 2 min Serie ist um 22:45 Uhr entstanden, das letzte Bild der 3 min Serie um 23:15 Uhr. Die Höhe des Objekts änderte sich in dieser Zeit von 54° auf 49°.
Mit 4 Minuten Belichtung war die Grenze erreicht, da waren die Sterne schon ein wenig länglich verzogen, bei 5 Minuten merkt man es dann schon deutlich. Heutige sensible Astrokameras sind generell schon sehr rauscharm, man fährt den Gain rauf und Belichtungszeiten von 2 bis 3 Minuten pro Subframe, dafür zieht man eine Latte davon.. Das passt also gut. So kann man unguided schon etwas angehen, zumindest für kleinere Bildserien..
Der Trackingfehler von max. knapp 1": besser läuft ein Guider auch nicht wirklich. Nur, der Autoguider fängt allfällige Drift, bedingt durch Polaufstellungsfehler und Refraktion eben ein. Für den Einstieg in die Astrofotografie reicht es sicher unguided. Wer mehr will, wird um einen Autoguider nicht herumkommen. Dieser hat aber dann eine andere Aufgabe, er soll nur mehr Drift ausarbeiten. Eine sanftere Einstellung ist somit gefragt, und das Guiding Intervall kann man auch ausdehnen. Durch die längere Belichtungszeit kommen wiederum schwächere Sterne noch fürs Guiding in Frage, die Suche nach einem passenden Leitstern wird einfacher.
Ansonsten läuft die CEM60 EC sauber. Alles andere ist ja gleich wie bei der normalen CEM60.
Howdii