Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, muss ich ein bisschen ausholen. Vor allem in der Zeit, in die Vergangenheit. Mein astronomisches Interesse wurde sicher durch meinen Vater geweckt. So kam es, dass ich im Alter von sieben Jahren, mit "Weihnachtsgeld" ausgestattet, die örtliche Buchhandlung besucht hatte, und in einer Ecke fündig wurde: astronomische Literatur, Kind gerecht. Also damit konnte ich etwas anfangen. Ich schnappte was ich kriegen konnte, was das Budget her gab. Damit ging es nach Hause, und die Literatur wurde förmlich verschlungen, man kann sagen, auswendig gelernt.
So wirkte mein Interesse an der Astronomie wohl schon tiefer. Am nächsten Weihnachtsabend lag ein großer Karton unter dem Christbaum. Hui! Ein Fernrohr, ein 60/700 Refraktor in azimutaler Gabel. Irgend eine abenteuerliche Vergrößerungszahl stand in großen Lettern drauf, beeindruckend. Der Refraktor war dem Quelle Katalog entsprungen, aber, wenn ich mich entsinne, ohne mein Zutun oder direktes Verlangen. Der Quelle Katalog, kam damals ins Haus, regelmäßig in neuer Auflage, und war der Quell von Träumen. So war das damals.
Die allerersten Blicke durch ein Teleskop hatte ich also mit diesem Refraktor. Mond, Jupiter, Saturn, Mars, M42, M31, M45. Aus. Mehr war nicht zu wollen. Gleich hinter der Linse war eine Blende, die den Refraktor fürchterlich runter gestoppt hat. Man könnte sagen: Schwindel. Nun ja, damals gab es Huygens Okulare, eh klar, die kleinen 0.965", und die tun sich einmal mit einem schlankeren Lichtkegel wesentlich leichter. Sagen wir so: was dieser Refraktor mit diesen Okularen gezeigt hat war so weit ordentlich, weder war etwas vom Farbfehler des Refraktors zu sehen, noch von dem der Okulare. Freilich, bei 240x war Jupiter nur mehr ein unscharfer Lichtfleck, diese Erkenntnis kam bald, dass eine so hohe Vergrößerung nichts bringt, weit überzogen ist. Der Quelle Refraktor war halt in seiner Lichtleistung stark beschränkt, deswegen war die Zahl der beobachtbaren Objekte, speziell für mich in diesem Alter, gering. Ein paar Jahre habe ich mich damit begnügt, gibt doch allein der Mond schon eine Fülle von Details her. Aber mir war klar, ich wollte mehr sehen.
In der Sternenrundschau, die ich damals bezog, fand ich 1980 eine Anzeige: im südlichen Niederösterreich stand ein 110/900 Newton samt Zubehör zum Verkauf. Ich hatte über die Jahre etwas gespart, und die Eltern legten noch drauf. 3000 Schilling waren schon ein Batzen Geld. Nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer ging es per Auto nach Ternitz. Kurze Besichtung des Teleskops, alles in Ordnung, gekauft. Ich erfuhr, dass ich bereits der Drittbesitzer sei.
Natürlich wurde der 110 mm Newton gleich in der nächstbesten Nacht in Betrieb genommen. Klar, er war dem kleinen Refraktor in der Lichtleistung weit überlegen. Es kamen die Weihnachtsferien. Es war eine kalte, klare Nacht, -10° C. Ich hatte das Teleskop schon vorher rausgestellt, nun stand ich da, ohne Handschuhe, und hielt auf den Orionnebel drauf, direkt auf das Zentralgebiet. Da sah ich die vier Trapezsterne als scharfe Glitzerpunkte. In diesem Augenblick wusste ich: davon will ich mehr! Der Weg zur Deepsky Beobachtung war damit vorgezeichnet.
Doch die Freude über das neue Teleskop war nicht ungetrübt. Es gab ein paar Problemfelder: das wackelige Stativ, die etwas wackelige Montierung, der 5x24 Sucher, die Okulare.
Eine erste Sache war, dass ich lernte, welche Schrauben an der Montierung gerne von selber locker werden. Aber mit dem dünnbeinigen Stativ war wenig zu wollen. Das ganze Teleskop schwankte bei leichter Berührung, was speziell bei höherer Vergrößerung unlustig war. Da ich von meinem Vater in Sachen Basteln und Arbeit mit Holz präpariert war, kam ich auf die Idee, ich baue mir doch selbst ein besseres Stativ. Mit dem Fahrrad holte ich drei Stück metrige 8x5 cm Staffel nach Hause. Säge, Hammer, Stemmeisen, Bohrmaschine, Holzraspel, Schleifpapier, Farbe. Das war alles, was es bedurfte. Als Mittenverspreizung fand ich eine Holzplatte, die ich zuschnitt, an den Ecken kamen zurechtgebogene Flacheisenstücke dran, zur Verbindung mit den Stativbeinen. An die Seiten des Brettes kamen Umleimer dran, damit war es als Ablage für Okulare brauchbar. Das Stativ war nicht höhenverstellbar, aber es hatte die richtige Höhe für mich, und endlich war das Gewackel beim Fokussieren weg! Es war gleich ein ganz anderes Beobachten!
Als Zubehör gab es zu diesem Teleskop zwei Huygens Okulare, 20 und 6 mm, eine 2x Barlow-Linse, Mondfilter und Sonnenfilter zum Einschrauben an das Okular, Sonnenprojektionsschirm. Im Falle des Mondfilters kein Problem, für die Sonne schon. Mir kam damals schon zu Ohren, dass man diesen Filter nicht verwenden sollte. Aber klar doch, Hugens Okulare, Newton Optik, die Sonne holen wir uns über Projektion auf Papier!
Als Vergrößerungen standen also 45x, 90x, 150x, 180x zur Verfügung. Die Barlow Linse war nicht wirklich ein Kracher. 90x war mit Abstrichen noch brauchbar, 180x nicht wirklich. Also war man eher auf 45x und 150x gebunden, dazwischen fehlte ein gutes Okular. Dennoch, in den Jahren der Beobachtung wuchs meine Objektsammlung um ein gutes Dutzend an. Und das mit wirklich schlechten Sternkarten, mit denen konnte man fast nichts finden. Der 5x24 Sucher trug noch das Seine dazu bei. Ziemlich schlechte Abbildung, in sehr klaren Nächten halbwegs brauchbar. Vielfach war er vorne zugestoppelt und ich peilte einfach so über den Sucher drüber.
Meine astronomischen Erkundungen fanden ein jähes Ende. Durch eine Augenoperation wurde ich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich war danach so bedient, dass ich weder großartig ans Autofahren noch an astronomische Beobachtungen dachte. Beides schien dahin zu sein. Für einige Jahre war es das auch. Mit dem Autofahren habe ich früher wieder begonnen, so richtig wohl habe ich mich dabei nicht gefühlt. Die Augen machten immer noch Probleme. Speziell die Dämmerungsphase, da habe ich fast gar nichts gesehen. Und in der Nacht bin ich auch nicht gerne gefahren. Somit gab ich keinen Pfifferling auf meine Fähigkeit für astronomische Beobachtungen.
Es kam das Jahr 1986, der Halleysche Komet (1P/Halley). Das war für mich ein Grund, den Tasco Newton hervorzuholen und einen Versuch zu wagen. Gesehen habe ich diesen Kometen, gar so sensationell war er aber nicht. Dennoch, ich merkte, es geht doch wieder, so halbwegs zumindest, und damit war ich auch erneut angefixt. Mir kam dann der Karkoschka Himmelsatals in die Hände, und das war eigentlich der Schlüssel, um Himmelsobjekte zu finden. So mancher Beobachtungsabend war extrem aufregend, weil ich so manches Messier Objekt nun zum ersten Mal sah!
Eigentlich war schon klar, ich arbeitete ja schon, und verdiente Geld, jetzt muss ein richtiges Teleskop her. Und für den 110/900 Newton hatte ich auch schon einen Interessenten.Schon für den Nachbesitzer besorgte ich ein K30 mm, ein K9 mm, und ein Ortho 9 mm Okular. Das K30 brachte 30-fache Vergrößerung, und ein Gesichtsfeld von annähernd 90 Bogenminuten. Die Pleiaden passten ganz rein, der Doppelhaufen im Sternbild Perseus ging locker in das eingesehene Feld! So fiel die Orientierung viel leichter, wenn man im Okular per Starhop navigieren muss. Und die 9 mm Okulare ergaben 100-fache Vergrößerung. Speziell das Ortho hat mir gut gefallen, bildete scharf und recht kontrastreich ab. Fuer Doppelsterne war sogar die mit Barlow erreichbare 200fache Vergroesserung noch interessant. Bei Planeten ist mit dem 6 mm Okular meist doch mehr zu sehen als bei 100x, Ortho hin oder her. Dafür brachte das 9 mm noch an manchem Deep Sky Objekt Vorteile. Bevor ich das Teleskop aus der Hand gab, habe ich selbst noch etwas mehr mit den neuen Okularen beobachtet. Es hat deutlich mehr Spaß gemacht.
Also gar so schlecht war die Optik nicht, sie zeigte locker Knoten in den Wolkenbändern des Jupiter, und auch das kontrastschwache Wolkenband des Saturn, die Cassiniteilung sowieso. Der Nachbesitzer hat noch einen 6x30 Sucher nachgerüstet. So ausgestattet geht für einen Einsteiger sicher was, ich hatte diese Phase schon hinter mir und wollte ganz klar mehr. Deswegen habe ich mich auch von dem kleinen Newton verabschiedet. Stünde ich jedoch heute nochmals vor der Entscheidung, ich tät ihn nicht verkaufen. Warum? Für die minimalsten Beobachtungen, wo man mehr braucht als ein Fernglas, aber wirklich sofort einsatzbereit sein möchte, war dieses Teleskop ideal. Mit samt und sonders einfach in den Garten gestellt, die Okulare im Hosensack - ruck-zuck startbereit! So etwas geht mir heute eigentlich ab.
Ein Blick auf heutige Tage: Diese Teleskope gibt es immer noch, 114/900 Newton, diverser Hersteller. Sogar einen mit weißem Tubus und der dreiarmigen Spinne, wie ich es beim Tasco hatte. Klar, ich habe im Lauf meiner Zeit als Händler in den letzten Jahren immer wieder mal solche Teleskope in der Hand, und habe auch durchgeschaut. Was ist heute besser? Das leichte Alustativ ist nicht ganz das was mein selbst gezimmertes Holzstativ war, aber um Welten besser als das damalige Spielzeugstativ. Die nun EQ2 genannte Montierung ist allerdings deutlich stabiler und vertrauenserweckender als das damalige Zeug, obwohl, vom Anschauen her praktisch baugleich. Die Okulare haben heute 1.25" Steckmaß, dreilinsige Kellner bzw. RKE werden mit verkauft. Der 5x24 Sucher ist immer noch vorhanden, genauso schlecht, genauso wackelig montiert. Jedenfalls, ich schaue manchmal mit diesen Teleskopen, und muss sagen, als alter Esel, natürlich jetzt ausgefuchster Deepsky Beobachter, bin ich immer wieder erstaunt, was alles geht mit diesem kleinen Newton. Ein bisschen schwach werde ich ja doch jedes mal, wenn ich einen in der Hand habe. Es sind Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Wenigstens eines: wer heute von mir so einen Newton in die Hand bekommt, übernimmt ihn perfekt justiert, ich rate zu Plössl Okularen und gebe sie auf Wunsch dazu, montiere auf Wunsch auch einen 6x30 Sucher. Es sind das die Dinge, die einem angehenenden Sterngucker, zusammen mit guter Sternkarte und Himmelsatlas, den Einstieg deutlich erleichtern. Ach ja, ich hätte was gegeben für deutlich bessere Okulare, für einen guten Sucher. Aber, wäre dann wirklich so schnell ein richtiges Astroteleskop auf der Wunschliste gestanden? Es ist so, wie es gelaufen ist. Wendungen und Wirrungen des Lebens. Im Nachhinein erweist sich, auch wenn esnicht gleich ersichtlich war, was einen weiter gebracht hat.
Howdii