TS 70/420 ED Refraktor mit Carbon Tubus

Dieses Teleskop ist mit dem Carbon Tubus ein Leichtgewicht, der Lieferant nennt es Reiseapo. APO ist ein dehnbarer Begriff. Man stellt sich jedenfalls darunter einen farbreinen Refraktor vor. Es ist ein Zweilinser, ein typischer ED. Was kann diese Teleskop? Geliefert wird in einem Transport Kofferl mit weicher Außenhülle. Innen findet man weichen Schaumstoff mit Ausbettung für den Refraktor und ein paar weiteren Ausnehmungen für Zubehör Ein Trageriemen ist dabei. Mit 1.7 kg ist dieser Refraktor ein Leichtgewicht, wiewohl durch Verwendung von Sucher, Zenitspiegel und Okular noch etwas dazu kommt. Wer sich mit kleinerem und leichterem Zubehör zufrieden gibt, z.B. Leuchtpunktsucher oder 6x30 Sucher statt eines 8x50, und einem 1.25" Zenitspiegel statt eines 2" Brockens, wird nicht allzu viel Gewicht dazu bringen. Für terrestrische Beobachtungen tut es ein stabileres Fotostativ. Für astronomischen Einsatz reicht ebenfalls eine relativ leichte Montierung in der "GP Klasse".

Der 70 mm f/6 ED in seinem Koffer. Natürlich passt er nur mit eingezogener Taukappe hinein

Als Fokussierer kommt ein 2" Crayford zum Einsatz. Der Anpressdruck erfolgt nicht nur über eine flach gefräste Bahn auf dem Auszugrohr, es ist eine Edelstahlschiene montiert. Mit verstärkten Kugellagern ist so eine ordentliche Zuladung möglich. Meine EOS 1000 D mitsamt 2" Flattener hat der Auszug gehalten, ohne dass er geklemmt werden musste. Ein Feintrieb mit Untersetzung ist heute schon fast Standard, man findet auch hier einen.

Unten am Tubus ist ein Fuß zu finden, der zwei 1/4" Gewinde aufweist. Für die Prismenaufnahmen der Astromontierungen kann man den Refraktor so nicht verwenden. Es bedarf einer 2" Prismenschiene, die mit einer Fotogewindeschraube befestigt wird. Es reicht eine Schraube, weil der Fuß unten zwei Korkstreifen aufweist, somit ist ein Verdrehen eigentlich nicht leicht möglich. Die Fotogewindeschraube muss man halt ordentlich anziehen.

Der 2" Crayford Auszug mit Edelstahlschiene. Die 2" Aufnahme weist drei Klemmschrauben auf. Der Fokussierer bietet einen Feintrieb. Die unter der Achse befindliche Rändelschraube klemmt den Auszug.
Die 2" Aufnahme ist übrigens abschraubbar. Es gibt einen Adapter, mit dem man den zu diesem Refraktor angebotenen Flattener direkt verschrauben kann.

Der Auszug ist rotierbar, muss es sogar sein, wenn man fotografisches Zubehör verschraubt. Der Fokussierer nimmt einen Sucherschuh auf. Man erkennt hier auch die Millimeter Skala auf dem Auszugrohr,
die das Finden der Fokuslage vereinfacht, wenn man sie einmal ermittelt hat. Sucherschuh und Sucher sind nicht im Lieferumfang enthalten.

Der Refraktorfuß mit den Korkstreifen und den beiden Fotogewinden.

Dem Refraktor auf die Linse geschaut. Er nennt sich schlicht ED Doublet. Das Objektiv zeigte sich bei einer Kontrolle perfekt justiert.

Das ist der Flattener mit Distanzhülse für den 70 mm ED Refraktor

Der 70 mm ED Refraktor im Foto Setup auf meiner iOptron ieq45. Hier ist in beengten Verhältnissen aufgebaut, in der Einfahrt neben meinem Auto. Es musste schnell gehen beim Test, der Himmel war diesig und ich musste jederzeit damit rechnen, dass der Hochnebel dicht macht. Einen riesigen Platzbedarf hat man ja auch nicht für dieses kleine Carbon Röhrl. Als Sucher ist ein 6x30 drauf. Der Fototest erfolgte der Eile wegen unguided.

Anmerkung: Die Taukappe ist ausziehbar, hat aber keine Klemmschraube. Sie sitzt etwas locker. In Zenitstelluing muss man damit rechnen, dass sie abrutscht. Man wird sie im Einsazt wohl irgendiwie sichern müssen. Ein schwarzer Haargummi kostet fast nichts und fällt wohl kaum auf. Noch eine Anmerkung zum Foto selbst: Schwarze Teleskope sind in der Nacht nicht sehr fotogen...


Visuell

Es sah gar nicht nach einer klaren Nacht aus. Die Wetterlage war ohnehin nicht günstig. Das Sat Bild zeigte nur Wolken, Wolken Wolken, sonst nur Nebel, Nebel, Nebel. In der Dämmerung riss ein größeres Wolkenloch auf. Ich machte mir gewisse Hoffnungen, doch ein späterer Himmelscheck zeigte Wolken, nur ein paar Risse gab es, ab und zu einen Stern. Das sah nicht gut aus. Ich hatte die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben. Doch nach einer Weile schaute ich noch einmal raus und - es war wolkenlos. Aber ein mistiger Himmel. Grad 2.5 mag freisichtig, und es war nicht absehbar, wie lange der Spaß anhalten würde. Also schnell raus mit der Montierung, Refraktor drauf, 1.25" Zenitspiegel rein, und los gehts. Kaum fokussiert, gab es feine Sterne zu sehen. So soll es sein. Das erwartet man bei einem guten Refraktor. An Vega konnte ich eigentlich keinen Blauhalo feststellen, vielleicht einen winzigen Anflug von Farbe bei höherer Vergrößerung.

Beobachten? Mit 70 mm wird es sowieso schon etwas hart, unter diesem Himmel war es extra hart. M13 war ein Nebelbällchen, den Kugelhaufen konnte ich nur in den Außenbereichen etwas in Einzelsterne auflösen. Was soll's, unter gutem Himmel, unter normalen Verhältnissen wird auch visuell mehr drin sein. Ich beließ es und trachtete, die Kamera ans Teleskop zu bringen.

Foto Test

Ich verzichtete auf irgendwelche Spielereien, wie Teleskop mit Kamera neu balancieren, 8x50 Sucher dran fürs Guiden, all das wollte ich vermeiden. Die Zeit drängte. Da und dort bildeten sich schon Wolken. Der Himmel war schlechter geworden. Also Flattener mit M48 EOS Ring verschrauben, den ganzen Zauber an die Kamera dran und rein mit dem Zeug in den Fokussierer. Bei meinem Test klemmte ich den Flattener nur mit den drei Klemmschrauben. Der Test erfolgte unguided, 20 Sekunden bei ISO 1600 und händisch abgedrückt, nichtmal für den Selbstauslöser nahm ich mir Zeit.

Vega Umgebung - 20 Sekunden bei ISO 1600 mit der Canon EOS 1000 D, unguided. Keine Bias, keine Dark, keine Flat Kalibrierung, also grad nur vom RAW in ein RGB umgewandelt und ein bisschen zurechtgezupft.
Mehr Sterne wollten bei diesem Himmel nicht drauf. Aber die Sternabbildung passt. Auf das Bild klicken, dann gibt es eine größere Ansicht.
Dann findet man einen winzigen Farbsaum um Deneb, wenn man ihn sucht. Sonst, feine Sterne bis in die Ecken.

Mit diesem einen Testfoto muss ich es bewenden lassen. Auf M57 und M13 habe ich vorher schon drauf gehalten, aber derart verkümmerte Dinger braucht man wirklich nicht herzeigen. Es geht um die Sternabbildung, wenn die passt,lassen sich auch diverse Deepsky Objekte gut abbilden. Mein Testhimmel fällt ja fast schon unter irreguläre Verhältnisse. 

Star Test

Die Vega, die ich gerade noch fotografiert hatte, war auf einmal weg. Deneb war noch zu sehen, aber auch schon nur mehr schwach. Also schnell die Montierung auf Deneb umdirigiert. Im Startest zeigte sich eine gewisse Unterkorrektur, das bestätigte auch das Ronchi Okular, aber nicht aufregend. Extrafokal mischen sich die Farben, da sieht man keine Ringe mehr, es ist nur mehr bunt. Dennoch, was ich aus dem Farbspiel ersehen konnte, alles soweit in Ordnung, nichts was ich nicht erwartet hätte. Ein Zweilinser ED ist halt das was er ist. Jedenfalls, kein Grund zur Beunruhigung. Ich hätte natürlich mit Farbfiltern drauf gehen können und investigativer testen, jedoch bei 70 mm geht einem dann mit dem Rot- und speziell dem Blaufilter schnell mal das Licht aus, noch dazu bei diesem Himmel - knapp bevor der Hochnebel alles dicht macht. Das war kurz darauf auch der Fall. Deckel drüber, aus.

Zum Hohn: Etwas mehr als eine Stunde später bin ich noch mit "Canis Maior" kurz raus gegangen: Es war wieder klar, und besser als zu Beginn meines Tests. Immerhin bin ich auf etwas mehr als 3 mag gekommen. So ist es halt im Herbst, bei feuchter, nebeliger Wetterlage: es ist unkalkulierbar.

Fazit

Der kleine 70 mm f/6 Carbon Refraktor tut was er soll, er ist zudem leicht und so klein, dass er bald wo mit kann. Daher ist der Begriff Reiseteleskop nicht falsch gewählt. APO sage ich aber zu keinem Zweilinser ED so wie dieser ist. Ich würde es auch manchem Triplet absprechen, wenn es nicht farbrein ist... Dennoch, bis auf die kleine Schwäche der nicht fixierbaren Taukappe gibt es nichts auszusetzen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist ok. Dass fotografisch mehr zu holen sein wird als visuell, liegt auf der Hand. Aber bevor man nichts zum Schauen hat, dort wo man wahrscheinlich unter einem grandiosen Sternenhimmel steht, ist man sicher froh wenigstens 70 mm Öffnung zu haben. Unsereiner weiß: Je besser der Himmel, desto besser geht ein Fernrohr, das gilt ganz besonders für die kleinen Öffnungen.

Howdii