In meiner früheren Zeit als Amateurastronom fand ich in Sky & Telescope noch Cassegrain Teleskope, unter anderen solche, die mit austauschbarem Sekundärspiegel auch als schnelle Newton betrieben werden konnte. Mit der Zeit sind die klassischen Cassegrain Teleskope scheinbar ausgestorben, zumindest im breiten Massenmarkt. Nun gibt es seit geraumer Zeit wieder derartige Teleskope. Der Hersteller ist bekannt. Wer die RC Teleskope von GSO gesehen hat, kann unschwer die Handschrift des Herstellers erkennen, auch wenn nun TS oder Omegon oder sonst ein Label drauf prangt, seien es die RC oder Cassegrain Teleskope.
Der 154 mm f/12 Cassegrain, hier auf meiner alten, bewährten iOptron ieq45.
Wie bin ich überhaupt drauf gekommen? Rein zufällig. Nachdem ich eine EQ5 Goto Montierung da hatte, und mir die Kunden aufgrund der langen Wartezeit für einen guten Refraktor (Covid-19 Pandemie lässt grüßen) abgesprungen sind, war ich nun auf der Suche nach einem Teleskop, das preislich und vom Gewicht adäquat wäre. Da ist mir der 154 mm f/12 Cassegrain aufgefallen, auch prompt lieferbar, also her damit.
Gleich beim Auspacken ist der Staubschutzdeckel im umhüllenden Plastik Sack geblieben. Der mochte nicht so recht an seinem vorgesehen Platz bleiben. Da hatte ich gleich etwas Material bei zu kleben, um den Deckel auch auf dem Teleskop behalten zu können, damit er nicht bei jeder möglichen Gelegenheit durch die Gegend fliegt. Doch nun ein paar Bilder, um das Teleskop vorzustellen.
Man sieht hier den aufgesetzten Staubdeckel, den rot lackierten Frontring, und die 2" Prismenschiene, mit der das Teleskop geliefert wird.
An diesem 6" Cassegrain ist ein
Crayford Fokussierer verbaut, der Fokussierweg beträgt nur 50
mm. Eine 1:10 Untersetzung ist vorhanden, sowie eine Millimeter bzw.
zöllige Skala zum Ablesen des Fokussierwegs.
Um mit dem angeschlossenen Zubehör in den Fokus zu kommen,
sind Verlängerungshülsen notwendig, die vor dem
Fokussierer eingeschraubt werden. Hier, in Kundenkonfiguration, ist
eine 25 mm Hülse notwendig.
Im Lieferumfang sind zwei Stück 25 mm und eine 50 mm
Hülse enthalten.
Hier sieht man die 25 mm Verlängerung vor dem Fokussierer, und direkt am Tubus angeschraubt, den Neigeflansch. Ohne diesen ist eine korrekte Justierung nicht möglich.
Der Crayford Focuser von unten. Die beiden Rändelschrauben, die rechts im Bild zum Einstellen der Tragkraft, die andere zum Blockieren, damit sich der Fokus nicht mehr verstellen kann.
Ein Blick in den Tubus: die Innenblenden, eigentlich obsolet. Man sieht hier die Spinne, die Arme sind 1.5 mm stark. Den Sekundärspiegel selbst sieht man freilich nicht, nur dessen Blende, die konkret auch für die lineare Obstruktion verantwortlich ist. In diesem Fall liegen wir bei 38%.
Mein erster Check: die Justierung. Der Anbieter verspricht, die Teleskope kämen vorjustiert, könnten sich bei harten Stößen allerdings dejustieren. Also justiert sah es nicht aus. Ich griff zum Werkzeug, um einmal an die Schrauben des Sekundärspiegels zu gehen. Hoppala, die waren allesamt locker. Mhm, vorjustiert, ganz sicher. Aber, ich habe noch die GSO RC in Erinnerung, hatte einige in der Hand. Ohne Neigeflansch war da nichts zu wollen. Klappt es hier vielleicht? Ich schraubte mal den Fokussierer ab. Eine breite Basis als Auflage, also wenn das Gewinde sauber abgedreht ist, sollte der Fokussierer auch plan und gerade aufliegen. Doch, den Laser rein, ein Blick von vorn ins Teleskop, da war sichtbar, dass der Laserstrahl die Ring-Mittenmarkierung des Sekundärspiegels um ein schönes Stück verfehlt. Eigentlich wie erwartet.
Gleich diesen Neigeflansch nachbestellt. Und mir war klar, eine der 25 mm M90 Verlängerungen würde man brauchen, nach Angaben des Backfocus. Es war ein Schuss ins Blaue, dass ich den Neigeflansch direkt ans Teleskop geschraubt habe. In der Hoffnung und Annahme, den Hauptspiegel nicht justieren zu müssen. Dann noch die 25 mm M90 Hülse drauf. Jessas, wie ist das Gewinde des Neigeflansch geschnitten? Draufschrauben kann man das nicht nennen, mit mäßiger Gewalt drauf würgen trifft's eher. Wenn man den Fokussierer drauf schraubt, am besten das Teleskop senkrecht stellen. Der Überwurfring hat etwas viel Spiel, man setze den Fokussierer ungefähr in die Mitte, so gut es geht. Der Neigeflansch ist zumindest in einem Bezug verbessert worden. Anstatt nur eines Zug-/Druckschrauben Paares gibt es nun neben der Zugschraube beiderseits eine Konterschraube. Damit wird die Einstellung etwas vorhersehbarer.
Mit Hilfe des Neigeflansches konnte ich den Laserstrahl in die Mitte der Ringmarkierung des Sekundärspiegels bringen. Nun nahm ich das Justierokular zur Hand, damit habe ich den Sekundärspiegel justiert. Dann wieder den Laser rein gesteckt, und siehe da, der Stahl kam perfekt zurück. Fein. Zumindest keine ungute Überraschung.
Schauen wir uns noch die Eckdaten an: 154 mm Öffnung, 1848 mm Brennweite, demnach ein f/12 System. 96% Verspiegeung, auf Haupt- und Sekundärspiegel. Spiegelsubstrat ist Quarzglas. Die Auslegung für ein gut geebnetes Feld bedingt eine recht große Obstruktion, 38% linear. Gewicht: 5.4 kg. Das ist mal das "Rohgewicht". In der Praxis kommt der Neigeflansch dazu, und je nach Zubehör, M90 Verlängerungshülsen, eine oder zwei der 25 mm oder vielleicht auch die 50 mm. Dann freilich noch Zubehör. Sucher, Zenitspiegel und Okular bzw. Reducer und Kamera. 40 mm ausgeleuchtetes Feld für die Astrofotografie. Und all das bekommt man deutlich günstiger als einen C6 Tubus, und ohne shiftenden Hauptspiegel. Das heißt auch bessere Zielgenauigkeit auf einer Goto Montierung.
Das First Light fand unorthodox statt. Ich wollte erst einmal nur die Fokallage testen, ob diese eine 25 mm Verlängerungshülse reichen würde. Dazu hatte ich einen der üblichen 2" Zenitspiegel im Fokussierer und mein 27 mm Panoptic Okular dran. So ging ich mit dem Teleskop hinaus. Mit einer Hand auf der Kante des Autodachs abgestützt, die andere Hand am Fokussierknopf, visierte ich den Mond an. Passt, war scharf etwa in der Mitte des Fokussierwegs.
Die folgende klare Nacht packte ich Stativ, Montierung, Teleskop und Zubehör ins Auto, und fuhr auf den östlich von Mistelbach gelegenen Hügel. Mein erster Einsatz wirklich in diesem Jahr. Etwas unkoordiniert verlief der Aufbau, das brauchte etwas mehr Zeit als sonst. Was gleich auffiel: der Schwerpunkt sitzt mit dem Neigeflansch, den Verlängerungshülsen und Zubehör sehr weit hinten. Ich konnte in dem verwendeten Sattel die Prismenschiene gar nicht mehr weiter nach vorne schieben, sonst hätte die Klemmschraube ins Leere gegriffen. So musste ich das Teleskop in der Dec Achse etwas unbalanciert betreiben.Aber ich war letztlich so weit. Nun hatte ich meinen Maxbright Zenitspiegel dran, der wesentlich kompakter baut als die Üblichen. Das 27 mm Panoptic ließ sich fokussieren, die Morpheus Okulare nicht wirklich. Der Fokusweg nach außen reichte nicht. Die Okulare etwas herausgezogen zu klemmen, das ging zur Not, ist aber keine Lösung. Zumindest konnte ich sehen, die Justierung passt, saubere Sternabbildung. An hellen Sternen verursachen die doch recht starken Spinnenarme fette Spider Spikes. Kein Schatten ohne Licht: So findet man auch an einem vom Seeing flirrenden dicken Patzen von Stern den Fokus bestimmt - wenn die Spider Spikes scharf erscheinen, ist der Fokus perfekt.
Viel beobachten konnte ich nicht, der Himmel war diesig, und der Mond ging bald auf. Damit war meinem Treiben ein rasches Ende gesetzt. Die ersten Eindrücke waren aber schon einmal gut. Mir war klar, ich will dieses Teleskop unter dunklem Himmel haben, das Potential besser ausloten.
Eine weitere klare Nacht, Mond hin oder her, egal, ich baute die Montierung bei mir daheim auf, um mit den Verlängerungshülsen zu testen, was wie fokussiert. Ich hatte die Montierung dafür auf einen anderen Sattel für 2" Schienen umgerüstet. Die Balance in Dec war nun kein Problem mehr.
Der Test zeigte, mit einer der 25 mm Hülsen kann man normale 2" Zenitspiegel und die heutigen "Standardokulare" verwenden. Auch die DSLR mit einem 0.67x Reducer lässt sich so fokussieren. Für den Maxbright Zenitspiegel mit Panoptic und Morpheus Okularen klappt es mit einer zweiten 25 mm Hülse. Somit konnte ich den Cassegrain nun für meine Test Beobachtung konfigurieren. Natürlich nahm ich anschließend noch einmal Laser und Justierokular zur Hand. Kleine Abweichungen gibt es immer, wenn man herumschraubt.
Der 6" f/12 Cassegrain war somit bereit, es galt nun auf klare Nachtstunden ohne Mondlicht zu warten. Die Gelegenheit bot sich am 6. März 2021. Ich darf hier auf meinen Beobachtungsbericht verweisen. Ich kann dazu nur sagen, dass ich durchaus angetan war von der Performance, und einige Objekte Überraschungen brachten, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Schließlich war es wohl eine der besseren Nächte, aber sicher nicht die beste Nacht hier im Weinviertel.
Als Sechszöller ist dieses Teleskop für visuelle Beobachtung großartig, trotz der "tödlichen" Obstruktion von 38%! Der 6" Cassegrain ist auch für Astrofotografie geeignet. 40 mm ausgeleuchtetes Feld werden versprochen. Sicher, mein Test diesbezüglich war nur sehr rudimentär. Ich hatte beim Fokallage Test ja die Canon 1000 D mit einem 0.67x Reducer dran. Wir liegen damit bei f/8, die meisten fotografischen Refraktoren bei f/7 bis f/8. Für die heutigen hochempfindlichen Sensoren kein Thema. Ich kann sagen: Selbst mit Reducer davor wurde der APS-C Sensor voll ausgeleuchtet. Man kann Gamma und Kontrast quälen wie man will, es ist und bleibt gleichmäßig über das gesamte Feld. Was sich auch bei der Beobachtung gezeigt hat, ein recht gut geebnetes Feld. So kommen einfachere Konstruktionen von Weitwinkel Okularen damit gut zurecht. Und freilich, beim Test habe ich auch nur händisch abgedrückt, also etwas verwackelt. Jedoch, die Sterne sind gleich verwackelt über das gesamte Feld, nicht irgrendwie noch anderswie verzogen. Herzeigbar ist dieses Foto freilich nicht. Für mich war's aber so auch genug, um etwas in Erfahrung zu bringen. Mond- und Planeten Fotografie, es ist ein etwas anderes Thema, ist natürlich auch möglich. Auch mit einem Sechszöller lassen sich schon durchaus ansprechende Mond- bzw. Planeten Bilder gewinnen.
Was aber dennoch zu sagen ist: Wie die Sachen geliefert werden, ich kann nur den Kopf drehen. Wer nicht kundig ist, ein derartiges Teleskop zu justieren, wird keine Freude an der Abbildung haben. So einfach, wie vom Lieferanten dargestellt, ist es nicht.
Howdii