TS Photoline 115/800 Triplet APO

Ich durfte mittlerweile zwei tolle Exemplare der TS Photline Apochromaten kennen lernen. Natürlich hat mich auch der 115/800 APO interessiert. Ich brauche aber eh nur warten, der Zufall spielt mir dieses oder jenes Teleskop letztlich irgendwann in die Hände. So geschehen im Juli 2015. Wurde bestellt, und gerne schau ich mir die Optik genauer an, so wie bei jedem Teleskop das durch meine Hände geht.

Das Teleskop kommt in einem Koffer, statt weichem Schaumstoff fand ich aber nur ausgeformtes Styropor vor. Sparmaßnahmen, die aber nicht wirklich jetzt auf die Goldwaage gelegt werden sollten. Ansonsten, das Teleskop wie erwartet. Eine ausfahrbare Taukappe, CNC gefertifgte Rohrschellen, erfreulicherweise sogar mit 2" Prismenschiene, und hinten ist nun ein 2.5" RPA Fokussierer drauf. Den RPA Fokussierer durfte ich schon näher kennen lernen. Ein feines Ding. Das Auszugrohr wird wie bei einem Crayford durch Kugellager geführt, allerdings wird die Verstellung nicht durch Anpressdruck bewerkstelligt. Dazu dient nun ein schrägverzahnter Trieb. Spielfrei, durch die Untersetzung auch feinfühlig zu verstellen. Das besonders "Geile" an diesem Fokussierer ist jedoch die Art der Klemmung von 2" und 1.25" Zubehör: Nicht mittels Klemmschraube  das war sowieso gestern, heute hat man dazu einen Messingring, nein: es wird hier das zu klemmende Zubehör umfasst und zentriert geklemmt. Besser geht es nicht.

Der 115/800 Triplet APO in seinem Koffer. Die Taukappe ist klarerweise eingezogen. Der auf dem Fokussierer applizierte Sucherschuh gehört nicht zum Lieferumfang.

Der APO ist da, jetzt braucht es nur eine klare Nacht für einen Test. Da das Teleskop rein für visuelle Beobachtungen dienen soll, wurde es von mir auch in erster Linie dahingehend getestet. Die klare Nacht war nicht ganz so toll, mit 4.5 mag im Zenitraum halt ganz typisch für meinen Standort in Mistelbach. Bei durchwachsenem Wetter ist man froh über jede Gelegenheit, die sich bietet. Also raus Montierung aufbauen, Teleskop drauf, und erst einmal ein bisserl so rumspechteln, bevor es an einen Startest geht. 

Nicht übel, bei niedriger Vergrößerung bekam ich feine Sterne zu sehen, jedoch deuchte mir, beim Alignmentstern Arktur, ob da nicht ein Franserl am Stern dran wäre. Ich wollte dem momentan keine besondere Bedeutung beimessen, es kann auch ein thermischer Effekt sein, der vergeht. Wie gesagt, ein paar Objekte nimmt man sich mal vor: z.B. M13, M92, M57. Ja, bei letzterem bleibe ich immer ein bissl hängen, weil da kann ich die Tiefe etwas ausloten, wie weit ich komme. Es war trotz des nur durchschnittlich guten Himmels wohl so, dass ich gut drauf war. Ich kam bald auf 15.7 mag, und stellte etwas überrascht fest, dass ich damit eigentlich auch eine Chance auf den Zentralstern des Ringnebels hätte. Aber ja, blabla. So richtig ernst genommen habe ich mich dabei selbst nicht. Eher so per Zufall erwischte ich aber genau den richtigen Punkt, und auf einmal war der Zentrastern da! Mir entfuhr ein erstauntes "Wos woa des?"- es war der Zentralstern, nichts anderes. So fast aus dem Nichts heraus.Kurz aufgeblitzt. Ich brauchte erst mal ein Weilchen, um mich wieder zu fassen. Irgendwie war mir das selbst ein bissl starker Tobak. Also, wenn sowas geht, kann eine Optik ja gar nicht schlecht sein.

Weiter zum Startest. Meine Zeiss Abbe Okulare hergerichtet und los. Bäh! Das Schwanzerl an dem Alignmentstern war real. Hier lag eine Dezentrierung der Linsen vor. Nicht schön. Damit war mein Test fürs erste beendet. Reklamation: Ungeordnetes Linsengemüse. Und warten bis das Teleskop wieder hier ist.

Der 115/800 APO im Test, hier auf meiner iOptron ieq45 Montierung und Baader Hartholzstativ. Eine nette Kombi. Der farblich nicht passende Sucher bei meinen Tests ist wohl schon bekannt ;-) Es wäre statt des grünen Suchers maximal ein schwarzer gewesen. Was soll's. Der Sucher wird rein für das Alignment gebraucht und fungiert ansonsten als "Balancegewicht". Die Triplet Refraktoren sind recht frontlastig.

Nach etwa 14 Tagen hatte ich den 115/800 wieder zurück. Das Wetter war weiterhin etwas durchwachsen. Ich hatte zwar für meinen Nachtest besseren Himmel, doch nur begrenzt Zeit, bevor sich das Wolkenloch wieder schließen würde. Daher war rascher Aufbau gefragt. Die Optik hatte doch ausreichend Zeit zum Austemperieren. Ich beobachtet wieder einige Objekte. Auf Spielerei mit dem M57 Zentralstern hatte ich diesesmal keine Lust. Dann reinzoomen, Power, und was ist jetzt los? Perfekt! So will ich das sehen! Sternabbildung wie im Lehrbuch! Warum nicht gleich. Und ja, wie das Teleskop dann auch austemperiert war, gab es wirklich pipfeine Sterne zu bewundern. Das hätte ich erwartet, letztlich doch bekommen. Eine gute, scharfe Optik. Auf einen Fototest, den ich gern gemacht hätte, musste ich verzichten. Daran habe ich aber keine Zweifel. Wenn einer dieser TS Photline APOs visuell bereits überzeugt, das ist die Pflicht, dann ist ein Fototest nurmehr die Kür.

Fazit: Gerade bei diesem Teleskop liest man beim Anbieter, dass jeder APO vor Versand auf der opt. Bank überprüft und optimal justiert würde. Nun ja, Papier ist geduldig. Bits und Bytes detto. Dass beim Transport etwas passiert wäre, kann ich ausschließen. Der Refraktor ruht wie gesagt in einem ausgeschäumten Koffer. Der Koffer steckte in einem Überkarton. Die ganze Sache in einer riesigen Schachtel mit rundum Unmengen von Styropor Chips. Da kann eigentlich nichts sein. Die Außenhülle des Kartons zeigte auch keinerlei Spuren von unsanfter Behandlung oder Gewalteinwirkung. Alsdann, man mache sich einen Reim.

Letztlich hat der 115/800 Triplet APO aber überzeugt. Farbrein, scharf, nadelfeine Sterne. Perfekt zentriert und justiert. So soll das sein. Der RPA Fokussierer bietet nicht nur Fotografen ein Plus. Auch als visueller Beobachter profitiert man. Wenn man Okulare wechselt, speziell bei hoher Vergrößerung, muss man normalerweise immer das Objekt nachzentrieren. Hier nicht. Einzig: Der 1.25" Adapter sitzt normal bündig auf der 2" Aufnahme. Dann kann man die Drehklemmung nicht mehr bedienen. Entweder klemmt man den Reduzieradapter so, dass er ein Stück heraussteht, oder man entnimmt ihn, klemmt erst das Okular im Adapter, und steckt ihn mitsamt Okular in die 2" Aufnahme und klemmt. Beides klappt. Ich neige zu letzterem, damit kann ich 1.25" Okulare auch gut klemmen, dass sie sich beim Schwenken des Teleskops nicht verselbständigen können und der Schwerkraft anheim fallen könnten.

Howdii