Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte ich erstmals einen 115/800 APO in der Hand. Hier der damalige Testbericht. Der, den ich nun für einen Kunden bestellt habe, unterscheidet sich in etlichen Details in der Ausführung und im Lieferumfang. Das ist der Grund, warum ich einen neuen Bericht dazu schreibe. Was auffällt: andere Photoline APO Refraktoren haben im Preis angezogen, der 115/800 ist stabil geblieben. Er ist nun preisgünstiger als der Vierzöller. Gut, der Vierzöller hat nun ein FPL-53 Glas, einen 2.5" RPA Fokussierer. Der 115/800 kommt nach wie vor mit dem FPL-51 Glas. Einen 2.5" RPA Fokussierer hatte er schon damals. Warum ist der 115/800 billiger? Diese Frage stellt man sich schon. Schauen wir uns an, was man bekommt für's Geld.
Wenn man den Karton öffnete, kam ein Koffer zum Vorschein. Nun, Überraschung, es kommt ein weiterer Karton zum Vorschein. Öffnet man diesen, findet man Hartschaum, die Abdeckung. Nimmt man diese heraus, liegt der 115/800 APO da, eingebettet in Hartschaum. Ok, im Koffer war auch nur Hartschaum, jetzt wurde der Koffer komplett eingespart.
Kein Koffer, nur ein weiterer Karton mit Hartschaumteilen
Nimmt
man den Hartschaum "Deckel" ab, kommt der Refraktor zum Vorschein. Hier
ist er bereits entnommen, man sieht die Ausformungen im Hartschaum
Nimmt man den Refraktor heraus und holt ihn aus dem Plastiksack, in dem er steckt, sieht man weitere Details. Der Staubschutzdeckel ist nun aufgesteckt, nicht verschraubt, wie einst. Immerhin hat die Taukappe innen noch einen Ring. Die rein weiße Hochglanz Lackierung, die man an anderern Photoline APOs findet, ist auch nicht vorhanden. Es ist eine Spritzlackierung, rau, ein etwas stumpferes Weiß. Rohrschellen und 2" Prismenschiene sind wie gehabt im Lieferumfang vorhanden.
Der 115/800 Photoline Triplet APO, hier mit ausgezogener Taukappe. Anmerkung: der auf dem Fokussierer montierte Sucherschuh ist nicht im Lieferumfang enthalten
Der Staubschutzdeckel ist nicht verschraubt, er wird einfach aufgesteckt. Sitzt perfekt. Die Taukappe hat vorn einen Innenring, eine kleine Hilfe gegen Taubeschlag
Die Taukappe weist keine Klemmschraube auf. Manche Refraktoren sind ja so ausgestattet. Meist ist die Taukappe dann ein Grund zum Ärgenis. Diese hier sitzt ziemlich streng, man muss schon stärker andrücken, damit sich die Taukappe verschieben lässt. Konkret, statt der einen Klemmschraube scheint es nun im Endring der Taukappe ein paar Madenschrauben zu geben, die diese Aufgabe übernehmen. Nun, das ist meiner bescheidenen Meinung nach vielleicht eine Lösung, die man generell für alle Refraktoren dieser Bauart übernehmen könnte. So hundertprozentig bin ich von den Taukappen mit einer Klemmschraube nicht überzeugt. Man muss diese Schraube schon ordentlich anziehen und dabei bekommt man schon ein bissl Angst um das Gewinde in weichem Alu.
Die Taukappe wird offenbar über die Madenschrauben im Endring gebremst,eine Fixierung ist es ja nicht, hält durch ausreichend Reibung. Aus meiner Sicht eine bessere Lösung als eine einzelne Rändel-Klemmschraube, die ich bislang bei den Photoline und auch anderen Refraktoren vorgefunden habe
Der Fokussierer bietet die nächste Überraschung. Es ist wohl ein kugelgelagerter Auszug, der per Schrägverzahnung verstellt wird, inklusive Feintrieb, aber was sofort auffällt: Der Körper des Fokussierers ist nicht eloxiert, sondern in Tubusfarbe lackiert. Die vom 2.5" RPA gewohnte Zentrierklemmung ist nicht vorhanden. Es ist einfach ein 2" Anschluss mit drei Klemmschrauben und Messingring innen, wie er vielfach zu finden ist. Detto der Reduzieradapter von 2" auf 1.25". Schraubt man den Reduzierteil auf 2" ab, kommt ein M63 Gewinde zum Vorschein, nicht ein M68 wie man es bisher fand. Sieht nach einer "abgespeckten", billger zu fertigenden Variante des Fokussierers aus.
Es ist ein 2.5" RPA Fokussierer, rotierbar, aber mit abgespeckter Ausstattung. Der Body ist einfach lackiert, und es gibt normale Klemmung, für 2" Zubehör mit drei 120° versetzten Klemmschrauben, innen einen Messingring. Der 1.25" Reduzieradapter weist eine Klemmschraube auf, ebenso innen einen Messingring. Schraubt man den schwarz eloxierten Teil ab, kommt am Auszugrohr ein M63 Gewinde zum Vorschein
Die Praxis zeigt, wenn man die Taukappe voll einfahren will, muss man die Rohrschellen etwas zurücksetzen. Für die perfekte Balance braucht man sie etwas weiter vorne. Wahnsinnig kopflastig ist dieser Triplet APO nicht, er ist mit etwa 6.5 kg auch noch eher ein Leichtgewicht. Kommt freilich noch der Sucher dazu, und je nach Anwendungsfall entweder ein 2" Zenitspiegel mit Okular oder eben eine Kamera mit Flattener bzw. Reducer. Ob am Sucher das Okular dran ist oder die Guider Kamera, spielt wenig Rolle.
Am 29. September 2017 ergab sich eine klare Nacht für einen ersten Test. Es war ein relativ milder Tag, in der Nacht kühlte es dennoch stark ab. Das Seeing war nicht ganz schlecht, eher langsames Flackern der Sterne war zu erkennen, und nicht sehr stark. Damit hoffte ich, den Startest und ein paar Routinebeobachtungen durchbringen zu können. Bei Viertelmond am Himmel ist natürlich das Beobachten nur sehr eingeschränkt möglich.
Der 115/800 Triplet APO hier im visuellen Test, auf meiner iOptron ieq45, die auf einem Berlebach Planet Stativ sitzt. Als Sucher ist mein 8x50 Exemplar drauf, den ich auch als Leitrohr für die Guider Kamera verwende
Der erste Blick durch mein 22 mm Panoptic Okular war hoch erfreulich, es gab nadelfeine Sterne zu sehen. Diesen viel bemühten Begriff muss ich hier auch verwenden, aber die Sterne waren wirklich pipifein scharf, so soll es sein, das wünscht man sich von einem guten Refraktor. Freilich braucht ein 115er Dreilinser schon seine Zeit zum Austemperieren, schau ich doch auch mal zu dabei. Ich steckte mein 6 mm Zeiss Abbe Okular in den Auszug für einen ersten Startest Eindruck.
Wie bei jedem Refraktor, den ich im Test hatte, war auch hier ein gewisser Astigmatismus zu erkennen, der nach und nach geringer wurde - thermisch bedingt. Nach über einer Stunde war kaum noch etwas davon zu erkennen, aber das Teleskop war immer noch nicht voll austemperiert. Wega wurde bei 200x rein weiß dargestellt, mit einem lehrbuchmäßigen Beugungsscheibchen, ein leicht flirrender, zarter Beugungsring. Fallweise war der Beugungsring nur bruchstückhaft zu sehen, manchmal auch fast geschlossen, und in Summe kann ich sagen, er ist konzentrisch, rund und rundum gleichmäßig. Ein Anflug von Farbe hat vielleicht in der Umgebung der Wega gespielt, ein kaum erkennbares tiefes Blau. Vielleicht habe ich dies auch nur so am vom Mond aufgehellten Himmel gesehen, unter dunkem Himmel wäre dies womöglich gar nicht aufgefallen.
Sonst, ein bisschen Farbe, wenn man defokussiert, aber sehr gute Korrektur. Das Ronchi Okular zeigte gerade Linien, da konnte man nur mit Mühe eine leichte Biegung feststellen. Also wenn, eine sehr milde Unterkorrektur. Als Beobachtungsobjekte kamen nur stellare Dinge in Frage. Der "Double Double", ε Lyrae war mustergültig dargestellt bei 200x. Fein war auch der Doppelhaufen h und χ Persei, NGC 7789, sowie M103. Nochmals kurzer Check im Startest: Kein Astigmatismus mehr. Also, eine scharfe, exzellente Optik.
Die nächste Nacht versprach wieder klar zu werden. Andi Berthold war da, um mich beim Fototest zu unterstützen. Zu zweit ist schneller aufgebaut, abgebaut, und geteilte Arbeit geht auch bei der Aufnahmetecknik flotter voran. Andi kümmerte sich wie üblich um die Belichtungssteuerung der Kamera, ich mich um den Autoguider.
Der 115/800 Triplet APO im Fototest. Der 2" Flattener ist über einen Adapterring am Fokussierer verschraubt, die Canon 1000D Kamera sitzt über einen EOS-M48 Ring auf dem Distanzadapter des Flatteners. Um mit diesem Setup in den Fokus zu kommen, wird der Auszug ca. 30 mm ausgefahren
Was fotografieren? Nun ja, was Stellares geht sicher, auch bei Mondhimmel. Den h und χ im Perseus könnten wir nehmen, der gibt immer was her. Möglichst weit weg vom Mond halt auf den Himmel halten... Beim Check der Rohbilder fand Andi, dass die Sterne aufgeblasen erscheinen. Hm. Freisichtig sahen die Sterne eigentlich ruhig aus, dann und wann ein bissl Flackern. Wir zogen einige Aufnahmen. Anschließend wollte ich Andi noch die pipifeinen Sterne und den schönen Startest zeigen. Erst mal gleich auf ε Lyrae. Häh? Was ist das? Statt Sterne bekamen wir flirrende Patzen zu sehen. Na dann braucht man nicht mehr fragen, warum die Sterne im Testfoto aufgeblasen sind...
h und χ
Persei, 8 Minuten Singleshot, ISO 400, Canon EOS 1000D
astromodifiziert. Minimale Bearbeitung, kein Dark Abzug. Auf das Bild
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Die
helleren Sterne
sind durch das flimmmernde Seeing aufgeblasen
Als ich den Refraktor einige Tage später zum Kunden gebracht habe, hatten wir bewölkten Himmel. Die Prognose hatte von teilweise klarem Himmel gesprochen. Plötzlich gab es ein Wolkenloch, Altair war zu sehen. Wir konnten drauf halten und zumindest ein paar Sterne im Okular sehen. Das Wolkenloch wurde größer. auf einmal kam der Mond heraus, und in einer Phase, wo der Mond halbwegs frei von Wolkenschleiern war, entstand nachfolgendes Foto.
Mond Foto beim Kunden, mit einer Canon 1000D, 1/160 sec, ISO 800
Als Fazit kann man nur sagen, solange die Optik gut ist, und alles funktional, sind die simpleren Lösungen durch die Einsparung nicht wirklich schlecht. Den gesteckten Deckel hat man schneller auf der Taukappe und auch schneller herunten, als den geschraubten. Mit der Zentrierklemmung des RPA Auszugs kommen nicht alle Anwender einwandfrei klar. So wie die Ausführung nun beim 115/800 geliefert wird, ist es keine Hexerei, eine bekannte und weit verbreitete Lösung. Die Taukappe sitzt streng, sie wird nicht von allein mit Krach einfahren. Diese neue einstellbare "Bremse" wirkt, und ich finde sie als insgesamt bessere Lösung als die einzelne Klemmschraube, die es üblicherweise gibt. Somit, alles kein Problem in der jetzigen Ausführung des 115/800 Refraktors. Für Aufbewahrung und Transport des Refraktors wird man wohl eine Tasche kaufen, da passt der Refraktor so rein wie er vom Teleskop runter kommt. Die Taukappe kann man ja fast ganz einschieben, so. Insgesamt ist dieser 115/800 Triplet APO mit ein bissl mehr Öffnung als der Vierzöller zu einem geringeren Preis durchaus zu empfehlen. Preisgünstiger wird man einen guten Triplet APO in dieser Öffnungsklasse nicht finden.Howdii