Produkt Test: Boren-Simon 8" f/2,8 ED Astrograph

"Kochrezept": Man nehme einen 8" f/4 GSO Foto-Newton mit Monorail Fokussierer, stecke einen 2" ASA 0.73x Korrektor in den Auszug, fertig ist der Boren Simon Astrograph. Ah, schmeckt noch ein bissl fad, Würze ist angesagt: Carbontubus statt Stahlblech, 75 mm Fangspiegel, diesmal geklebt statt gefasst, Baader Steeltrack Fokussierer drauf - es ist angerichtet!

Konkret handelt es sich um einen 8" f/4 Newton - die TS optimierte Variante des Boren Simon 8" f/2.8 ED Astrograph. Wie schon erwähnt steckt die Optik in einem Carbontubus. Unverkennbar sind die GSO Teile dran. Spinne, Fangspiegelhalter, Endringe, Hauptspiegelfassung, Rohrschellen, alles sehr GSO. Ein Baader Steeltrack lässt sich auch ohne große Umbauarbeiten montieren. Die einzige gröbere Modifikation besteht aus dem geklebten 75 mm Fangspiegel und der Festlegung der Fokuslage aufgrund des geänderten Fokussierers.

Im Lieferumfang ist alles dabei, auch 8x50 Sucher (geradsichtig) und eine Vixen-Level Prismenschiene. Das f/2.8 Öffnungsverhältnis kommt durch den 0 73x Korrektor "ED" betrifft die Gläser des vierlinsigen Korrektors, der ebenfalls im Lieferumfang enthalten ist. Ohne diesen Korrektor hat man wie gesagt einen "normalen" 8" f/4 Newton vor sich, den man auch mit einem Komakorrektur ohne Brennweitenveränderung betreiben könnte. Was die Justierung betrifft, braucht man vor dem Term "Astrograph" auch nicht zurückschrecken, es geht "ganz normal" wie bei einem Newton Teleskop, was bei einem 8" f/4 aber trickreich genug ist.

Einen "Zwilling" dieses Astrographen gibt es auch: Nennt sich UNC 8" f/4, schaut genauso aus, Carbontubus, mit 75 mm Fangspiegel, Steeltrack Fokussierer, einen ASA Korrektor kann man extra dazu kaufen. Ha? Was der Markt heutzutage her gibt... Da kann leicht einmal Verwirrung aufkommen, was die Vorzüge des einen gegen den anderen sind... Der Boren Simon hat eine optimierte Fokuslage für den ASA Korrektor, beim UNC kann man sie auf Wunsch haben. So, alle Klarheiten hoffentlich beseitigt.


Der Boren Simon Astrograph, hier auf der iOptron ieq45 Montierung. Ein kurzer Blick reicht, um die Spiegelzelle als GSO typisch zu erkennen. Die Sinnhaftigkeit eines Ventilators in dieser Konfiguration sei dahingestellt. Man findet sie so an allen GSO Newton Teleskopen. Die Justierschrauben mit Sterngriffen sind gut zu greifen, doch können die Finger schwarz und weiss nicht unterscheiden. Da sind mir die alten GSO Rändelschrauben weit lieber, die kann man an der Größe eindeutig ertasten.


Hier in der Seitenansicht ist der Carbontubus gut erkennbar. Die Originalrohrschellen (besser: "Bänder") sind bekannt dafür, dass man den Tubus darin so gut wie nicht rotieren kann. Sie wurden seitens des Kunden durch CNC gefräste Sperrholz Rohrschellen ersetzt. Eine der Originalschellen sitzt gleich unterhalb des Fokussierers, mit zwei "Knubbeln" dran - eine Installation des Kunden. Man kann die Holzrohrschellen lockern, den Tubus "an den Hörnern" packen und rotieren, dann werden die Holzrohrschellen wieder festgezogen.


Der Tubus wirkt lieblos gefertigt. Hier sieht man einen deutlichen "Zahrer" in der Lackierung. Die Löcher für Schrauben und der Ausschnitt für den Fokussierer sind wohl sauber gearbeitet, das weist auf Diamantwerkzeuge hin. Allerdings sitzt der Sucherschuh total schief auf dem Tubus. Dadurch lässt sich der Sucher nur gerade noch justieren, wobei die Gegendruckfeder schon am Ende ihrer Wirksamkeit ist...


Die CNC gefrästen Sperrholzrohrschellen. Da hängen noch die Fransen vom Fräsen dran, nicht geschliffen, nicht lackiert, halt mit Filz ausgelegt. Der Lieferant traut sich was. So kann man leicht den Preis niedrig halten... Noch einmal zur Klarstellung: Diese Sperrholz Rohrschellen sind nicht Teil des Lieferumfangs.


Blick auf Frontring, Spinne und Fangspiegelhalter. Alles sehr GSO typisch, bis auf den geklebten 75 mm Fangspiegel. Die Tubus Frontabdeckung ist bei GSO ein spezielles Thema, die fällt leicht von selbst ab. Hier ist ein Filzstreifen auf etwa halbem Umfang eingeklebt. Dadurch hält die Frontabdeckung sicher. Ob dies Lieferzustand oder Kundentuning ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Innenwand des Carbontubus ist zwar rau, aber sehr schwarz sieht das nicht aus. Die Fangspiegel Justierschrauben wurden von mir durch solche mit Innensechskant ersetzt, vor allem sind sie länger als die Originalschrauben, mit denen sich der korrekte Offset nicht einstellen ließ. Anmerkung: "Canis Maior" (meine Wolfsspitz Hündin) ist zwar nicht im Bild, aber durch eine "Feder" (die ich vor Übergabe des Teleskops an den Kunden wieder "deinstalliert" habe) allgegenwärtig (sprich: die Haare sind überall, nicht nur am Hund).


Der Baader Steeltrack Fokussierer. Man sieht unter der linken Klemmschraube drei Madenschrauben am Fokussiererkörper. Unter der rechten Klemmschraube findet man ebensolche. Mit diesen Schrauben kann das Auszugrohr justiert werden. Man justiert konkret den innenliegenden Bock, der die Kugellager trägt.


Vom Lieferanten her sollte das Instrument "perfekt eingestellt" rausgegangen sein. Beim Kunden ist es mit lockerem und total verdrehten Fangspiegel angekommen. Wer noch nie einen 8" f/4 Newton justiert hat, wird mit dem schweren Trumm von 75 mm Fangspiegel auch seine liebe Not haben: Dieses Ding folgt nur allzu gern der Schwerkraft, wenn es aufgrund lockerer Justierschrauben ein bissl Luft bekommt. Eine total asymmetrische Ausleuchtung und Unschärfe auf einer Seite bei der typischen fotografischen Anwendung bei f/2.8 waren der Grund, warum das Teleskop bei mir gelandet ist.

Beim ersten Beschnuppern stellte ich einen seitlich hängenden Fangspiegel fest. Der Hauptspiegel war windschief im Tubus (merkbar am Spalt zwischen Glas und Tubus Endring), die optische Achse demnach auch. Das kann nix werden, klar. Für den Startest brachte ich einmal die Justierung soweit in Ordnung. Dann raus damit, in die klare Nacht. Der Fokus liegt laut Spezifikation mit dem Baader Steeltrack Fokussierer 131 mm weit über dem Tubus. Ich habe es nicht nachgemessen, aber anhand meiner Nachrechnung ist das plausibel. Mit einer meiner Verlängerungshülsen war es gar nicht getan. Ich musste zwei davon ineinander stöpseln, um visuell in den Fokus zu kommen. Was mir gleich aufgefallen ist: Die Justierung hat gar nicht so gut ausgesehen. Extrafokal war der Schatten des Fangspiegels mehr zentriert als intrafokal. Was denn, habe ich so schleissig gearbeitet? Ich war der Meinung, die Justierung nicht perfekt aber doch recht gut hingekriegt zu haben. Da kam die optische Achse aber offensichtich sehr schief aus dem Okulartubus heraus. Also da war Klärungsbedarf gegeben.

Der Startest selbst zeigte einen durchaus gut korrigierten Hauptspiegel, einen Tupf besser als λ/5 Überkorrektur stellte ich fest. Die Änderung der Sphärischen Korrektur über die Austemperierzeit deutet auf einen BK7 Spiegel hin - die Überkorrektur war zu Beginn des Startest deutlicher ausgeprägt. Was aber nach dem Austemperieren verblieb: eine gräßlich vergratschte Beugungsfigur. Keine Rede von Beugungsscheibchen mit Beugungsringen. Die Ursache war schnell ausgemacht: Der Fangspiegel ist mit einem mittig aufgebrachtem Kleberfleck mit geringem Spalt auf den Halter geklebt. Der Kleberfleck ist viel zu groß und viel zu dünn, um die unterschiedlichen Spannungen zwischen Glas und Alu aufnehmen zu können. Kein Wunder, dass der Halter den Fangspiegel astigmatisch verbiegt, und dies mehr als deutliche Spuren im Startest hinterlässt. Damit ist hochauflösende Arbeit mit diesem Teleskop so nicht möglich. Fotografisch bei f/2.8 ist das aber ohne sichtbare Auswirkung. Und wenn das auch der einzige Anwendungsfall für dieses Teleskop ist, besteht kein Anlass eine "Operation Fangspiegel" in Angriff zu nehmen. Man könnte, mit entsprechendem Arbeitsaufwand, die Sache korrigieren. Es ist sicher nicht verboten, dass auch ein Foto Newton eine einwandfreie Abbildung liefen darf...

Die Sache mit der "ungenauen" Justierung war am folgenden Tag rasch geklärt. Wenn man den Laser in den Auszug steckt, und den Auszug von unten bis oben durch dreht, wandert der Laserpunkt den halben Durchmesser der Hauptspiegel Mittenmarkierung. Na bitte, auf welche Position soll man denn nun justieren? Ich versuchte, den Baader Steeltrack beim Lieferanten zu reklamieren. Mir wurde beschieden, wie alle Crayford Fokussiere leide auch der Steeltrack unter dem "Bananen Effekt": also, das Auszugrohr sei überspitzt gesagt gebogen wie eine Banane. Ich war einmal perplex. Mir ist noch kein Crayford Fokussierer untergekommen, wo ich den Laserpunkt wandern gesehen hätte, wenn ich den Fokussierer mehr oder weniger rein oder raus drehe. Ich wollte es genau wissen: Mit dem Laser bin ich von Teleskop zu Teleskop gegangen, und habe das überprüft: JMI DX1: Laserpunkt steht. Alter GSO Crayford, noch ohne Untersetzung: Laserpunkt wandert minimal aus, wenn ich am Fokussierer drehe, kommt aber zurück, wenn ich den Fokussierknopf auslasse. GSO Crayford mit Untersetzung: Laserpunkt steht. MoonLite: Der Laserpunkt steht. Weitere Korrespondenz mit dem Lieferanten war dann so: naja, auch wenn es bei meinen Fokussierern zufällig passt, es gibt diesen Effekt, und der Baader Steeltrack leidet halt sehr an diesem Effekt. Und dass der Laserpunkt nur "so wenig" auswandert sei eher normal, da gäbe es noch schlechtere. Oha. Beim Baader Steeltrack ist das Auszugrohr justierbar. Ich dachte immer, was für ein tolles Ding. Nun weiß ich warum...

Die Vorgangsweise war nun klar. Es war die Fokusposition für die fotografische Anwendung zu ermitteln. Auf diese Position hin habe ich letztlich das Auszugrohr justiert, den Fangspiegel darunter zentriert, und die Optik anschließend justiert. Das klingt alles ganz einfach, ist aber in Summe ganz schön zeitaufwändig und trickreich genug. Ohne die richtigen Werkzeuge und Erfahrung kriegt man einen 8" f/4 Newton mit einem so großen und schweren Fangspiegel nicht leicht perfekt hin. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben.

Visuell lässt sich das Justierergebnis nicht überprüfen, weil ich dazu die Fokusposition ändern müsste, und damit stimmt wieder alles nicht. Es stand also ein fotografischer Test an, wobei anhand der gewonnen Bilder die Performance zu evaluieren war Als Kamera kommt die SBIG ST-2000 XM mit einem CFW9 Filterrad zum Einsatz. Wir haben uns mit dem Clear Filter begnügt. Gesteuert wurde die SBIG Kamera mittels CCDSoft. Autodark Abzug wurde verwendet. Beim Fototest war der Astrograph auf der ieq45 Montierung aufgesattelt. Alle Fotos sind ohne Guiding entstanden.

Der Steeltrack Fokussierer hat uns auch noch bei den Fototests beschäftigt. Ich habe immer ein kleines Stück am Feintrieb gedreht, um den Fokus perfekt einzustellen. Da tut sich aber nichts. Bis ich bemerkt habe, was ich drehe, geht das Rad des Feintriebs wieder zurück. Erst durch Verstärken des Anpressdrucks der Welle an das Auszugrohr war dieser Spuk beseitigt, der Trend zu diesem Verhalten aber immer noch da...


Vega Umgebung. 10 Sekunden belichtet. Anm.: mondheller Himmel (ebenso bei den folgenden Bildern).


Dieses Bild wurde 60 Sekunden belichtet. Die Vega "schmückt sich" mit einem Halo, der durch dünne Wolkenschleier verursacht wurde.


M57, 60 Sekunden belichtet. Die Sterntiefe geht bis ca 16 mag.


Ausschnitt in voller Auflösung: Die Galaxie IC 1296 ist als schwacher Tupf sichtbar.


Ganz packt der ASA Korrektor die Bildfeldkrümmung eines 8" f/4 Newtons offenbar nicht. Man muss mit einer gewissen radialen Verzeichnung der Sterne in den Ecken rechnen. Allerdings ist durch Fokussieren auf weiter außen liegende Sterne eine gewisse Balance der Unschärfe möglich. Das ist ein alter Fotografentrick, um der Feldkrümmung ein Schnippchen zu schlagen.

Radial verzeichnete Sterne in den Ecken, wenn man auf die Bildmitte fokussiert.


Ein Punkt geht mir noch durch den Kopf: Ob die Optimierung mit 75 mm Fangspiegel und flacherem Fokussierer wirklich eine so gute Idee ist? Wenn ich das Layout in diesem Sinne nachspiele, geht die 100% Ausleuchtung gerade noch in den ASA Korrektor rein. Das voll ausgeleuchtete Feld wird aber durch den Korrektor auf 73% verringert. Dadurch wird der eher kleine ST-2000 Chip (ca. 14 mm Diagonale) nur knapp ausgeleuchtet, in den äußersten Ecken macht sich schon ein Helligkeitsabfall bemerkbar. Ohne Flatfield wird es speziell mit größeren Bildsensoren nicht gehen.

Eckausleuchtung - wenn man Gamma und Kontrast anzieht und das Bild verkleinert, wir der Helligkeitsabfall deutlicher. Ich kann das nur anhand einer Ecke demonstrieren, weil dünne Wolkenschleier den Effekt zum Teil "verschleiern".


Die Justierung... Das kann schnell in einer langwierigen Sache enden, wenn man absolute Perfektion erreichen will. Das Auszugrohr des Steeltrack justieren ist schon eine Sache für sich. Die Genauigkeit meiner Schiebelehre ist mit 1/10 mm limitiert. Genauer wird es nicht, weil auch durch das Anlegen der Schiebelehre mit Tiefenanschlag beim Anlegen der Schiebelehre leichte Verkantung auftreten kann. Den 2" Laser in den Auszug stecken, und mit einem Winkelhaken, der davor aufgestellt wird, visieren, ist eine weitere Möglichkeit, derer ich mich auch bedient habe. Man ist dabei von der Referenzfläche (sprich: Tisch) und von der Genauigkeit des Winkelhakens abhängig. Genauer geht's so nicht. Wenn man es ganz penibel genau haben will, muss man mit anderen Maßnahmen ran, wodurch die Sache eine Mordsspielerei wird. Es ist eine Frage wieviel Aufwand man für das letzte Alzerl Performance rein stecken will und kann. Was noch zur Justierung zu sagen ist: Die GSO Tubusmechanik "liebe" ich deswegen so, weil man an einen Punkt kommt, wo die Justierschrauben absolut nicht das tun was man erwartet. Dann probiert man halt an den anderen, irgendwie, oft genug sehr unerwartet, tut sich das was man braucht. Das macht die Justierung zusätzlich trickreicher als sie eh schon ist.

Howdii