Bevor ich etwas ausliefere, schau ich mir die Ware an. Mir ist es wichtig, dass ich weiß, was ich als Händler ausliefere. So kam mir ein Baader 2" Cool-Ceramic Safety Herschelprisma (visuelle Ausführung) in die Hände. Dabei interessierte mich nicht nur, ob die Ware in Ordnung ist, es juckte mich auch, einen Vergleich mit meinem bereits seit Jahren im Einsatz befindlichen Baader Astro Solar Folienfilter anzustellen.
Generell einige Bemerkungen zum Einsatz eines Herschelkeils: Als Teleskope eignen sich Refraktoren, aber nur solche, die keine Feldebnungslinsen weiter hinten im Tubus haben. Alles was bereits im fokussierten Licht nahe des Brennpunkts liegt, wird stark aufgeheizt und kann Schaden nehmen. Deswegen sind Spiegelteleskope, erst recht katadioptrische Systeme (geschlossener Tubus, Hitzestau), nicht geeignet. Hier befindet sich in Fokusnähe ein Spiegel (Fangspiegel, Sekundärspiegel), der stark aufgeheizt würde. Eine Ausnahme bilden Schiefspiegler. Kutter Schiefspiegler z.B. werden häufig zur Sonnenbeobachtung mit Herschelkeil eingesetzt.
Generell kommen beim Herschelkeil durch die 45° Reflexion des Sonnenlichts an einer nicht verspiegelten Glas-Luftfläche nur 4% des Sonnenlichts ins Okular. Das ist aber immer noch zu viel für eine gefahrlose Beobachtung. Einerseits ist es wichtig, das Bild durch Graufilter oder Polarisationsfilter weiter abzudunkeln, auch sollte das Auge speziell vor IR Strahlung geschützt werden. "Gefährlich" sind die Herschelkeile deshalb, weil hinten meist das Gehäuse offen ist, um den am Keil gebrochenen Strahl austreten zu lassen, und da kommen eben die restlichen 96% Licht heraus, ziemlich fokussiert, mit entsprechender Hitzeentwicklung...
Diesem Umstand trägt das Baader Cool-Ceramic Safety Herschelprimsa Rechnung: Das austretende Licht wird auf eine spezielle Keramikkachel gelenkt, die ihrerseits sogar als Sonnensucher dient. Damit ist das Prisma in der Anwendung sicher, und damit auch die Beobachtung sicher ist, nicht etwa auf den Einsatz von abdunkelnden Filtern vergessen werden kann, sitzen eingebaut unter der 2" Clicklock Klemme ein ND3 Graufilter und ein Solar Continuum Filter. Der Solar Continuum Filter bietet bei etwa 540nm ein spitzes Transmissionsmaximum von knapp über 90%, wobei die Flanken steil abfallen, bei 520nm bzw. 560nm sinkt die Transmission auf Null. Damit ist das Bild klarerweise intensiv grün, das Auge ist dabei gut geschützt, weil UV und IR Strahlung zuverlässig geblockt werden.
An die eingebauten Filter kommt man heran, indem man die okularseitige 2" Clicklock Klemme abschraubt. Auf diese Weise können Filter getauscht werden, z.B. um von visuellem auf fotografischen Einsatz umzurüsten. Für fotografisch Anwendung gibt es diverse Graufilter, ND 0.6, 0.9, 1.8 und 3.0, um die Helligkeit je nach verwendetem Teleskop und Bedarf einstellen zu können. Dafür empfielt sich eventuell auch ein einfacher Polarisationsfilter. Freilich kann auch bei der Fotografie ein Solar Continuum zur Kontraststeigerung verwendet werden.
2" Cool-Ceramic Herschelprisma: Anblick von hinten - die Keramikkachel dient als Sonnensucher
Ich mache es einmal kurz mit dem Herschelprisma: Erfreulicherweise alles in Ordnung, ein perfektes Produkt, was man von Baader eigentlich auch erwartet. Was aber auffällt: Das 2" Cool-Ceramic Herschelprisma braucht etliches an Backfocus. Mit dem 22 mm Panoptic Okular bin ich an meinem 4" f/8 APO mit Vixen Tubus gerade noch in den Focus gekommen. Mit kurzbrennweitigen Okularen war nichts zu wollen. Daher versuchte ich mein Glück mit diversen Barlowlinsen, und wurde fündig mit der 5x Powermate. Selbst da fehlten noch einige Millimeter, die ich aber über die Rotationsklemme "holen" konnte. Freilich musste ich aufgrund der 5x Powermate mit langbrennweitigen Okularen arbeiten, um die Vergrößerung nicht ins Nirvana zu treiben.
Das 2" Cool-Ceramic Herschelprisma am 4" f/8 APO - mit 5x Powermate und 30 mm Eudiascopic Okular
Das Wetter meinte es gut, aber nicht ganz gut mit mir. Ich hatte bald nach Lieferung des Produkts zwar sonnige Vormittage (Testzeitraum war etwa Anfang bis Mitte Februar 2011), doch immer - mehr oder weniger - dünne Wolken vor der Sonne, somit war kein sauberer Vergleichstest möglich. Zumindest gab es eine kleine Fleckengruppe bei meinem ersten Test. Mein spontaner Eindruck bei 36-facher Vergrößerung: Der Kontrast erschien besser im Herschelprisma, jedoch konnte ich aktuell keinen wirklichen Vorteil erkennen, alle Details waren bei Beobachtung mit dem Folienfilter ebenso zu erkennen. Das änderte sich deutlich, nachdem ich die Vergrößerung in die Höhe getrieben hatte. Da blieb das Bild im Herschelprisma klar und kontrastreich, während der Kontrast mit dem Folienfilter stark in die Knie ging, das Bild wurde milchig und flau. Mag sein, dass die zunehmenden dünnen Wolken diesen Eindruck verstärkten, jedoch kenne ich diesen Effekt prinzipiell von meinen bisherigen Sonnenbeobachtungen mit dem Folienfilter.
Der 4" f/8 APO mit Astro Solar Folienfilter
Etliche Tage mit besseren Bedingungen folgten - allerdings zeigte sich die Sonne "makellos rein". Einmal konnte ich wenigstens ein Fackelgebiet am Sonnenrand beobachten, aber bei 36x auch da kein wirklicher Vorteil für das Herschelprisma, und bei höherer Vergrößerung (133x war die Vergleichsvergrößerung) tat ich mir mit beiden Varianten schwer, noch irgendetwas davon zu sehen. Generell war das Seeing eher mies, keine Chance auf Granulation.
Nach weiteren Tagen Wartezeit wieder ein klarer, wolkenloser Himmel, und endlich drei kleine Fleckengruppen auf der Sonne. Hurra! Jetzt aber ran an die Sache. Mein erster Eindruck war schon richtig, sobald man die Vergrößerung steigert, wird das Bild mit dem Astro Solar Folienfilter zunehmend milchiger (133x). Ich grübelte ein bissl nach - eigentlich profitiert das Herschelprisma stark durch den Solar Continuum Filter, der das kurzwellige Seeing-Gewusel wegschneidet. Na, das kann ich aber auch, ich hab' ja einen Baader Gelbfilter im Okularkofferl, der schneidet auch den kurzwelligen Bereich mit einer harten Kante ab. Also her damit. Das Bild wird nun freilich auch gefärbt, es ergibt sich zusammen mit der Astro Solar Folie ein helleres Gelbgrün, nicht so ein intensives Grün wie mit dem Solar Continuum Filter. Aber, nun hat der Folienfilter wieder deutlich an Kontrast aufgeholt, gar so viel besser war das Bild im Herschelprisma mit ND3 und Solar Continuum nicht.
Fazit: Wer nur dann und wann - so wie ich selbst - Sonne beobachtet, ist mit dem Folienfilter ausreichend bedient, zumal man mit besagtem Gelbfilter den Kontrast stark verbessern kann. Wer jedoch häufig Sonne beobachtet, für den zahlt das Cool-Ceramic Herschelprisma sicher aus (sofern ein geeigneter Refraktor mit ausreichend Backfocus zur Verfügung steht). Und es wird die Zeit kommen, wo die Sonne wieder aktiver wird, wo das Seeing besser wird, da wird das Herschelprisma dann wohl seinen Vorteil ausspielen können.
Das mit häufiger und seltener Sonnenbeobachtung sind rein ökonomische Betrachtungen. Superteure Supersportwagen z.B. werden eher nur wenig bewegt, wohingegen kleine Zacherln fast täglich am Asphalt kratzen. Ersteres nennt man Luxus. Vergleiche hinken immer, es ist halt so, was für den einen recht ist, muss es nicht zwingendermaßen für einen anderen sein.
Howdii