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Produkt Test: Skywatcher AZ-EQ6 GT

Deutsche Montierungen, die man auch im azimutalen Betrieb verwenden kann liegen irgendwie im Trend. Was an dem azimutalen Betrieb so toll sein soll erschließt sich für mich nicht wirklich. Ok, die Montierung ist im AZ Betrieb tragfähiger, und man kann statt der Gegengewichte auch ein zweites Teleskop montieren. Fotografie scheidet im AZ Betrieb aus. Visuell kann man auch nur immer durch ein Teleskop gucken, auch wenn ein zweites montiert ist. Nicht einmal beim Goto bieten sich Vorteile. Die Deutsche Montierung hat ihren "Stop" im EQ Betrieb im Süden, eine AZ Montierung hat einen Stop (meist im Norden) um nicht als Wickeltrommel für das Spannungsversorgungskabel zu fungieren. Also da herrscht "Gleichstand". In jedem Betriebsmodus werden irgendwann die weiten Wege gefahren, um auf ein Objekt zu positionieren. Manchmal ist die eine Betriebsart im Vorteil, manchmal die andere - je nach Situation. Egal wie, wenn die "AZ Könner" Montierung auch für die "EQ Fraktion" ein paar Benefits bereit hält, soll es sein. So ist es im Fall der Skywatcher AZ-EQ6 GT. Diese Montierung ist gewichtsmäßig (Achsenkreuz sowie Tragkraft) und von der Grundkonfiguration ganz klar eine EQ6, aber es gab ein gründliches Redesign.

Der Korpus der Montierung und der Polblock sind dem Zweck entsprechend anders gestaltet. Vor allem hat der Polblock an Stabilität gewonnen. Auch die Einstellung der Polhöhe wurde gründlich überarbeitet. Die Gegengewichtsstange ist immer noch ausziehbar, aber es ist nun eine doch solidere Stange geworden. Die Klemmung der Achsen ist anders gelöst. Es gibt nun Achs-Encoder, wodurch die Montierung auch nach dem Alignment manuell geschwenkt werden kann. Und ganz wesentlich ist die Änderung im Antriebsstrang: Statt der Übertragungszahnräder wird die Schneckenwelle nun per Zahnriemen angetrieben. Man kann ruhig sagen, die AZ-EQ6 GT ist eine neue Montierung, die halt noch das gleiche Stativ und den gleichen Stativflansch hat wie die NEQ6 Pro, und sonst ein paar Gleichteile.

Die AZ-EQ6 GT im Test. Hier ist der Bresser 152/1200 Achromat aufgesattelt, der ist ja durchaus schon ein stattlicher Brocken von Teleskop. Die Montierung wirkt nicht überdimensioniert

Die Details der AZ-EQ6 GT

Hier ein genauerer Blick auf das Achsenkreuz und den Polblock. Man sieht die mit Rippen versteifte RA Achse. Der Körper der Montierung hat eine neue Form

Der Polblock von der Seite gesehen: auch hier finden sich Versteifungsrippen. Die auffällige Welle dient zur Polhöheneinstellung. Der Hebel, der zum Drehen der Welle dient, ist hier in der Welle versenkt

Der Polblock von hinten mit dem Südende der RA Achse. Hier sieht man den Polsucher, den Klemmhebel für die RA Achse (links vom Polsucher) und den Hebel zur Polhöheneinstellung (rechts). Damit lässt sich die Polhöhenfeineinstellung bei der Poljustierung leicht und präzise ausführen

Die Höhenskala am Polblock und die Klemme. Einfach durch schwenken in der Höhe geht nicht. Für den EQ Betrieb kann die Polhöhe von 10° bis 75° eingestellt werden. Für den AZ Betrieb (90°) muss der Bolzen (links unter der Klemme) in das Loch unter der Klemme versetzt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite freilich auch.

Die Anschlüsse der AZ-EQ6: Die Stecker der Spannungsversorgung (11V bis 16V ist die zulässige Spannung, bis zu 4A "saugt" die Montierung) sollte vorsichtig eingesetzt werden, um die zwei dünnen Kontaktstifte nicht zu verbiegen. Eine Nase verhindert falsches Einsetzen. Der Stecker wird durch eine Überwurfmutter gesichert, so kann keine Unterbrechung durch unbeabsichtigtes Herausziehen des Steckers entstehen. Die Handsteuerbox hat einen RJ12 Westernstecker Anschluss so wie der Autoguider. Über den Snap Port kann eine Kamera Aufnahmesequenz angesteuert werden (Kabel für die Ansteuerung der Canon EOS DSLR Serie ist im Lieferumfang enthalten, für andere DSLR extra erhältlich). Der On-Off Schalter ist wohl klar. Die Power LED dient außerdem als Indikator für Unterspannung. Was man hier noch sieht: Der generelle Aufbau der Montierung mit Lage der Schneckenräder und Schnecken ist gleich wie bei der NEQ6 Pro

Als Sattel finden wir die bekannte Klemme für 2" und 3" Prismenschienen. Geklemmt wird mit der ganzen Backe, nicht nur mit zwei Schrauben, die sich in die Seite der Schiene bohren. Ein zweiter Sattel ist im Lieferumfang dabei, den man an das Ende der Gegengewichtsstange montieren kann (versteht sich in erster Linie für den AZ Betrieb)

Hier ein Blick auf die Dec Achsklemme (Sterngriff) und die Gegengewichtsstange sowie deren Klemmung. Man sieht, die Gegengewichtsstange ist nun deutlich stabiler ausgefallen: 25mm im Durchmesser. Eine Verlängerung für die Gegengewichtsstange ist im Lieferumfang inbegriffen

Die Gegengewichtsstange, auf Anschlag eingefahren (geht natürlich nur ohne Verlängerung). Der Sterngriff der Dec Achsklemme ist auch hier zu erkennen

Ein genauerer Blick auf die RA Achsklemme. Hier gibt es platzbedingt keinen Sterngriff sondern nur einen Klemmhebel, der bei Bedarf in eine der nebenliegenden Bohrungen eingeschraubt werden kann. Der Polsucher liegt frei, nur das Okular hat eine Abdeckkappe. Der nicht zu übersehende Hebel dient zur Einstellung der Polhöhe

Ein genauerer Blick auf den Polsucher: Der Zeiger zur Einstellung des Datums ist an der Unterseite versteckt. Um den Durchgang des Polsuchers frei zu machen, ist die Dec Achse wie üblich quer zu stellen. Man erkennt hier auch die LED, die den Polsucher beleuchtet

Das Muster der Polsucher Strichplatte ist bekannt. Soweit ein vertrauter Anblick

Die Synscan Handsteuerbox. Natürlich ist in dieser Version der Achs-Encoder Support enthalten sowie der EQ und AZ Betriebsmodus. Neu: die Steuerung der Aufnahmesequenz von Astrofotos (über den Snap Port der Montierung)

Etwas Aufmerksamkeit verdient der RA Teilkreis: Hier gibt es drei Skalen. Die oberste ist für EQ Mode auf der Südhalbkugel, die mittlere für EQ Mode auf der Nordhalbkugel - also für unsere Breiten relevant. Die unterste Skala dient für den AZ Betrieb

Praxiserfahrungen

Wie in den Texten zu den Bildern zu lesen ist, kann die Montierung nicht einfach in der Polhöhe von 0° bis 90° durch geschwenkt werden. Für den AZ Betrieb ist ein kleiner Umbau notwendig. Aber kaum der Rede wert. Das sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Die Polhöheneinstellung geht nun wirklich gut, speziell die Feineinstellung bei der Poljustierung ist deutlich einfacher und sehr feinfühlig zu erledigen als bei der NEQ6 Pro. Die letzte Bewegung beim Feinjustieren sollte immer die Polachse anheben, damit nimmt man Spiel aus der Mechanik raus.

Die neuen Achsklemmen sind de facto Rutschkupplungen, die man mehr oder weniger fest anziehen kann. Zu fest sollte man es nicht tun, sonst könnte es sein, dass man durch das Moment, das man aufbringt, gleich das ganze Stativ "mitnimmt", speziell bei der RA Kupplung. Dann ist die Poljustierung natürlich flöten... Wenn man die Achsen aber nicht so fest klemmt, ist die Wahrscheinlichkeit auch höher, dass man unbeabsichtigt mal die Achsen verdreht, wenn man gegen das Teleskop stößt. Die Achs-Encoder sind wohl gerade hierfür gedacht und eigentlich notwendig um Ärger zu vermeiden. Letztlich verliert die Steuerung nicht das Alignment, sie weiß genau wo das Teleskop aktuell hin zeigt, und man kann im Fall des Falles nochmals per Goto das letzte Objekt anfahren lassen. Die Kehrseite der Achs-Encoder: Wenn man das Alignment ohne zu vollenden abbricht, und glaubt man setzt einfach die Montierung von Hand in die Polstellung um das Alignment neu zu beginnen, wird man seine Wunder erleben. In diesem Fall ist es besser, man schaltet die Montierung aus und startet komplett neu mit der ganzen Initialisierung. Dabei geht die Steuerung ja immer davon aus, dass das Teleskop in Polstellung ausgerichtet ist.

Die Poljustierung über die Skalen des Polsuchers geht im Prinzip genauso wie bei der normalen EQ6 oder den anderen Skywatcher Montierungen (EQ5, HEQ5). Wie immer muss erst der Index Marker für die Längengrad Korrektur korrekt gesetzt werden. Unter Umständen muss man auch die Strichplatte zentrieren, sonst ist alle Genauigkeit bei der Arbeit mit den Skalen umsonst. Also warum da seitens des Herstellers immer noch so nachlässig gearbeitet wird, verstehe ich nicht. Ist es der Kostendruck oder kennen sich die bei ihrem eigenen Krempel nicht aus?

In der Dec Achse habe ich anfänglich stärkeres Spiel verspürt. Es hat sich herausgestellt, wenn man die Dec Kupplung nur lasch anzieht, hat man Spiel. Wird die Kupplung stärker angezogen, wird offenbar das Dec Schneckenrad erst richtig zur Schnecke positioniert und das Spiel ist weg. Hier sollte man also nicht vorschnell Schneckenspiel einstellen wollen. Ist die Montierung mit einem sehr schweren Teleskop beladen, tritt wieder Dec Spiel auf. So steif ist das Zeug halt auch wieder nicht. In der Praxis leiden sehr viele Montierungen an höherem Spiel in der Dec Achse, da ist die AZ-EQ6 nicht allein. Es gibt Mittel und Wege, wie man mit Dec Spiel umgeht. Das ist somit kein Killer Argument.

Insgesamt macht die Montierung einen sehr soliden Eindruck. Die Stabilität ist gut. Das ist in erster Linie auf den steiferen Polblock zurück zu führen und freilich auch auf die stärker dimensionierte Gegengewichtsstange. Auf jeden Fall ein Fortschritt gegenüber der normalen EQ6. Allerdings, wenn wer daran denkt, die Zuladung von 20kg (laut Hersteller) nur annähernd nutzen zu wollen, wird halt nicht nur seinen Teleskopbrocken sondern ein paar der 5kg Gewichte (zwei sind im Lieferumfang enthalten) mehr an der Gegengewichtsstange brauchen. Dann ist die Montierung schon ordentlich beladen. Und nicht schwer zu raten, wird das serienmäßige Stativ zur Schwachstelle. Schon die normale EQ6 profitiert von einem guten Stativ (siehe mein Testbericht zur NEQ6 Pro), die AZ-EQ6 auf jeden Fall auch. Man möge hier Zusatzkosten mit einplanen.

Tracking und Guiding Performance

Was natürlich die meisten Käufer brennend interessieren wird - wie gut ist die Tracking Performance und wie gut lässt sich diese Montierung guiden? Das war klarerweise auch für mich ein ganz interessanter Punkt. Wir haben es ja durch den Zahnriementrieb von der Motor- zur Schneckenwelle bei einer EQ6 mit etwas Neuem zu tun. Bei der NEQ6 Pro verrichten dazu Übertragungszahnräder ihren Dienst. Bemerkenswert ist einmal der sehr leise Lauf der AZ-EQ6. Im Tracking Betrieb hört man sie kaum, auch beim Goto ist nur ein leises Summen vernehmbar, und das typische Knarzen beim Beschleunigen und Bremsen der normalen EQ6 (kommt in erster Linie von nicht exakt ausgerichteten Zahnrädern) findet man gar nicht. Also wie schlägt sich die AZ-EQ6? Dazu habe ich ein Guiding Protokoll ohne Guider Eingriff mit PHD gezogen, und dieses in PECPrep ausgewertet.

Die Auswertung des Trackingverhaltens in PECPrep für drei Schneckenumläufe. Mehr als diese drei Umläufe zusammenhängend waren nicht zu retten, da es durch Wolken immer wieder Störung gab und der Leitstern verloren ging. Stundenlange Bemühungen in zig Anläufen haben leider nicht mehr ermöglicht. Aber es reicht so auch, man sieht was man sehen soll

Wie bei der normalen EQ6 und jeder mir bislang bekannten Montierung findet man langperiodische Abweichungen. Die sind aber für den Autoguider niemals ein Problem. Was auffällt: Die einzelnen Fehlerkurven pro Schneckenumdrehung sind deutlich "sinusförmiger" und wenn man sie überlagert gibt es auch eine recht gute Überdeckung. Als Noise habe ich hier wirklich nur Seeing raus gefiltert. Auch das Frequenzspektrum (unten rechts) sieht sehr erfreulich aus. Neben der Schneckenperiode sind die anderen Harmonischen sehr niedrig, das erklärt den schönen glatten und nahezu sinusförmigen Verlauf der Fehlerkurve. Die absolute Höhe des Fehlers ist nicht besser als bei einer normalen EQ6, der Verlauf der Fehlerkurve jedoch deutlich schöner.

Nicht faul habe ich auch den MGEN Autoguider dran gehängt und geschaut, was der glaubt tun zu müssen. Das Display mit der Drift Analyse habe ich kurzerhand abfotografiert, weil die Kamera bei der Hand war. Ich staunte nicht schlecht. Der MGEN hatte offensichtlich leichtes Spiel, die Korrekturen sind laut den LED Anzeigen eher selten notwendig, und die Drift Anzeige war aufs schnelle Hinsehen ein waagrechter Strich - mit ein paar kaum merkbaren kleinen Franzerln dran, wenn man genau geschaut hat. Freilich kann es sein, dass der Guider einfach zu lasch eingestellt ist. Das schaut dann halt "schön" aus, guided aber nicht wirklich gut. Ein Testfoto von dieser Session kann ich nicht vorlegen, soweit hat meine Zeit nicht gereicht, der Himmel auch nicht. Die zwar potentiell klaren Nächte (Ende August/Anfang September 2014) waren zudem sehr feucht mit viel lokaler Wolkenbildung. War schon genug zach beim reinen Test... Letztlich konnten wir beim Kunden einen Fototest durchbringen, bei auch nicht wirklich idealem Himmel, auch da mussten wir uns gedulden, bis wir ein Fleckerl vermeintlich klaren Himmels hatten. Und nicht einmal das, da waren dünne Wolken, die wir mit freiem Auge nicht wahrnehmen konnten. Erst nach Mondaufgang hat man die "Suppe" gesehen. Egal, das Testbild haben wir bis in den Pixelbereich hinein vergrößert. Es ist ein reines Guiding Testfoto, mehr nicht. Aber nichts anderes als perfekt runde Sterne hätte ich mir erwartet, und die gab es auch zu sehen.

Das sieht man auf MGEN Display als Drift Anzeige beim Guiding - praktisch nix. Toleranz in RA und Dec jeweils 1 - damit der Guider nicht dem Seeing nachzulaufen versucht

Testfoto: Pleiaden Sternfeld. 102/700 Triplet APO ohne Flattener, Canon EOS 450D nicht astromodifiziert, 7 Minuten bei ISO 1600. Dünne Wolken, leider viel Streulicht, wenig Nebel, aber gutes Guiding

Fazit

Insgesamt bin ich beeindruckt von der AZ-EQ6. Es sind praktisch alle Kritikpunkte, die ich an der NEQ6 Pro hatte, beseitigt. Grad nur mit dem Polsucher muss man sich selbst noch auseinandersetzen. Das sind Kleinigkeiten im Gesamtrahmen. Eine absolute High-End Montierung darf man sich zu dem Preis der AZ-EQ6 nicht erwarten, jedoch das Preis-Leistungsverhältnis passt. Die AZ-EQ6 ist zwar etliche Hunderter teurer als die NEQ6 Pro, ihr Geld aber allemal wert. Wer nicht wirklich so aufs Börsl schauen muss, sollte eher zur AZ-EQ6 greifen als zur normalen Variante - speziell für fotografische Anwendung. Wer nur für visuelle Zwecke eine stabilere, schwere Montierung braucht, ist mit der normalen EQ6 ja auch durchaus gut bedient. Wer aber wirklich schwer aufladen will, sollte auf jeden Fall die AZ Variante in Erwägung ziehen, und auch gleich ein ordentliches Stativ dafür. Sowohl für visuelle wie auch fotografische Anwendung.

Howdii