Es war einmal - so fangen alle Märchen an. Bei mir dauern Projekte auch oft so lange, dass man meint, das wird überhaupt nie fertig. Aber, ganz unvollendet ist noch nichts geblieben. Die Konstruktion startete schon früh im Jahre 2013, und die Bauteile hatte ich auch im Frühling schon da. Die Tubusmechanik war bald montiert, also noch Farbe, Optiken installieren und los geht's. Halt, so schnell doch nicht. Es ist ein Prototyp, und da kommen manche Erkenntnisse halt während des Baufortschritts. Endringe vorn und hinten am Tubus haben sich als unverzichtbar erwiesen, und letztlich noch Staubschutzdeckel. Diese Teile wollen erst gefertigt werden. Wenn auch noch immer andere Dinge dazwischen kommen, bleibt ein Projekt oft lange liegen, ohne dass etwas weitergeht. Selbst in der Fertigstellung gab es noch eine Panne, die mich zurückgeworfen hat: Fangspiegel durch Unachtsamkeit geschrottet. Also musste ein neuer her, der erst wieder installiert werden wollte. In Summe nochmals etwa ein halbes Jahr Verzögerung - weil halt dann wieder andere Sachen dazwischen gekommen sind.
Was zum Teufel, warum konstruiere und baue ich einen Foto-Newton, wenn es deren doch zuhauf gibt? Nun ja, es ist die übliche Stangenware, halt mit einem Carbon Tubus und vielleicht einem fescheren Fokussierer aufgehübscht. Ich wollte einen Foto-Newton so konzipieren, wie ich mir das vorstelle. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Am 13. Juli 2018 war es endlich so weit, der Newton war fertig, Optiken installiert, justiert, und durfte erstmals Nachtluft schnuppern. Es sah nach einer klaren Nacht aus, tief am Nordhimmel ein Wolkenstreifen, das wird uns schon nicht stören. So dachten wir - Andi war bei diesem First Light Ereignis dabei. Es ist doch immer spannend, ein selbst gebautes Teleskop zum ersten Einsatz zu bringen. Passt es so, was der "Hea Intschinea" sich da vorgestellt hat?
Die Montierung war schon aufgebaut, der Polarstern im Polsucher eingefangen. Verdammt, die Wolken im Norden steigen höher! Es ging sich noch aus für den Aufbau des Instruments, die Balance, die Poljustierung und das Alignment auf Vega. Das 27 mm Panoptic in den Auszug, schau'n wir mal. Kein Stern, gar nichts. Ah, eh klar, erster Versuch mit einem Teleskop, da kannst irgend einen Sucher drauf tun, er ist halt nicht justiert. Egal, ich fand Vega im Sucher, stellte sie halbwegs zur Mitte hin, und im Okular sah ich schon eine große helle Sternscheibe mit riesigem Loch in der Mitte. 50 mm Verlängerung her, passt, damit konnte ich fokussieren.
Was nun? Kamera mit Komakorrektor verheiraten, das ganze Geklapper mit dem Fokussierer verschrauben, und die Fokuslage checken. Vega ist im Sucher der Kamera erkennbar, nicht ganz scharf, ein bisschen am Fokussierer drehen, und wir haben den Fokus! Voila! So weit, so gut. Im nächsten Augenblick machten die Wolken zu, es war finster im Kamerasucher. Ein Blick ins Web, das Satbild zeigte, diese Wolkenbank würden wir abwarten müssen, bis sie drüber gezogen ist. Dahinter war es klar. Kein großer Beinbruch, es war sowieso noch dämmrig. Also wir hätten so oder so Wartezeit gehabt.
Der 8" f/5 Foto-Newton, hier auf der iOptron ieq45. Die Kamera ist installiert, Fokus gefunden, wir warten auf klaren Himmel. Für die ieq45 ist dieser Newton schon ein ordentliches Bröckerl - man sieht es an der Bestückung mit Gegengewichten: 2x 5kg, + 11kg.
Vom Nordwesten her klarte es langsam auf, über Kopf zeigten sich Risse und Lücken in den Wolken, und auf einmal war Vega wieder sichtbar. Bis wir die Kamera verkabelt hatten und ein Bild auf dem Computer Bildschirm, hatten sich die Wolken komplett aufgelöst und gaben einen für meinen Standort prächtigen Sternenhimmel frei. Bitteschön, straßenseitig, ohne perfekte Dunkeladaption M13 eindeutig freisichtig sehen zu können, das will was heißen!
Während ich den Autoguider vorbereitete, zog Andi ein 15 Sekunden Bild von Vega. Na, Fokus perfekt getroffen, würde ich sagen! Da haben wir gar nichts mehr nachstellen müssen. Wir stellten Vega noch perfekt in die Bildmitte, Sync Befehl für die Montierung. Es kann los gehen!
Vega. 15 Sekunden bei ISO 400, unguided. Scharf, feine Sterne.
Ich hatte einstweilen den Autoguider installiert. Wir fuhren M57 an, ich suchte einen Leitstern, kalibrierte den Guider, und wir warfen eine 5 Minuten Belichtung an. Der eingesetzte Komakorrektor bringt einen Reduktionsfaktor von 0.95x mit sich, somit haben wir statt eines 200/1000 einen 200/950 Newton, und arbeiten statt f/5 mit f/4.75. Nachfolgend das Ergebnis.
Messier
57, 5 Minuten Single-Shot, Kamera: Canon EOS 1000D
(astromodifiziert), ISO 400. Auf das Bild klicken, dann geht
es zu
höherer Auflösung.
Bedingungen: gute Transparenz, jedoch schnell pulsierendes Seeing.
Bei der Betrachtung und Auswertung des ersten Bildes wollte uns die Schärfe nicht recht gefallen. Fokusdrift? Wäre eigentlich plausibel. Also zurück zur Vega. Schaut scharf aus, hm. Versuch, neu zu fokussieren: Sorry, schärfer wird es nicht. Ein Blick zum Himmel zeigte schnelles Seeing, kaum sichtbar im Zenitraum, deutlich bei Sternen in geringerer Höhe merkbar. Tja, in der Dämmerung hatten wir quasi die Tuchent drüber, und jetzt kamen wir in die Strahlungsphase, die sich so richtig einfuhr. Weitere Aufnahmen zeigten noch weichere Sterne. Es wollte nicht besser sein. Vielleicht hätten wir auf freiem Feld gedeihlichere Bedingungen gehabt, jedoch ein First Light Test ist etwas anderes als eine Fotosession. Hier stehen andere Dinge im Vordergrund, die man erheben will, deswegen bleibe ich bei solchen Tests lieber daheim, wo alles, was man unter Umständen brauchen könnte, griffbereit liegt. Ein perfektes Foto ist da nicht die Erwartungshaltung. Es ist ein Arbeitsergebnis, mehr nicht.
M57
in voller Auflösung. Speziell die schwachen Sterne sind ein
bisserl
weich, hellere Sterne etwas verdepscht, das ist dem Seeing geschuldet.
Der Autoguider hatte einiges zu tun.
Immerhin, grob
abgeschätzt sind Sterne bis jenseits von 16.5 mag drauf.
Ich kann nur soviel verraten: Den Newton habe ich im Haus justiert, dann ist er etliche Tage gelegen - klare Nächte wachsen ja auch nicht so herein wie man sie brauchen könnte. Der Tubus wurde mal hin oder her gehoben, z.B. auf die Waage. Dann senkrecht gehalten ins Freie getragen, dort wieder waagrecht abgelegt. Nach dem Aufsatteln auf die Montierung bei der Balance noch herumgeschwenkt, zig Lageänderungen. Wir haben dann vor der Aufnahme die Justierung gar nicht geprüft. Das Ergebnis spricht für sich: Passt so weit. Also die Stabilität ist sicher gut. Dass man für perfekte Abbildung jeden Newton vor der Arbeit noch auf korrekte Justierung checken würde und gegebenenfalls ein Alzerl nachstellen, ist klar. Eines konnte ich nicht lassen: Bevor wir abbauten, steckte ich noch das 17.5 mm Morpheus Okular in den Fokussierer. Ha! Ein Hochgenuss! Perfekte Sterne über das ganze Feld, bis zum Rand! Wohl, es ist ein Foto-Newton, hoch obstruiert, aber das war dennoch, beeindruckend. Scharf ist die Optik, keine Frage. Die weichen Sterne kamen mit der Langzeitbelichtung vom Seeing. Egal.
Wohlan, erste Erkenntnisse sind da, ein paar Kleinigkeiten sind zu tun, es werden weitere Einsätze folgen, und wir wollen mal etwas gepflegter damit fotografieren. Bei dieser Gelegenheit werde ich dann den Newton in den Details näher präsentieren.
Howdii