APM 100/800 APO

Fluorite Triplet Refraktor

Wie ich zu diesem Teleskop gekommen bin, das ist eine eigene Geschichte. Es war die Zeit, wo der Zeiss APQ in höchsten Tönen gelobt wurde. Man konnte glauben, dieses Ding, so farbrein, so scharf, könne gegen wesentlich größere Teleskope konkurrieren, man könne mehr sehen damit. Auf einmal war es aus mit Zeiss. Es gab damals nebenher Takahashi, Astro-Physics, TEC, Aries, die hochwertige Refraktoren produzierten. Und der Trend ritt auf der Farbreinheit herum. Das war wohl eine ganz besondere Sache. Gut, man liest dies, und das, hört dies und das. Ohne eigene Anschauung wird man nicht klug. Es kam die Zeit des Haben Wollens. Ein farbreiner APO muss her. Damit man einfach mitreden kann.

Die Preise waren saftig. Seitens APM wurde versucht, solche Refraktoren etwas günstiger anzubieten. So wurde ich aufmerksam, weil es auch in die Reichweite meines Geldbörsels ging, was ich bereit war, zu zahlen. So wurde es ein russisches Fluorit Triplet Objektiv, etwas unscheinbar, mit einem Vixen Tubus verheiratet. Ein Aufkleber an der Taukappe haut ein bissl auf den Putz, aber es ist auch nur ein Pickerl. Somit läuft dieser APO im Prinzip unter Inkognito, kaum einer weiß, was in diesem Tubus steckt. Gegen Ende 1998 hatte ich diesen Refraktor in meinen Händen.

Auch Walter wurde vom APO Bazillus angesteckt, sein APO musste natürlich mit kürzerer Brennweite bessere Eignung für die Astrofotografie aufweisen. Walters 4" f/6.5 Objektiv, ebenfalls russischer Herkunft, steckte ebenfalls in einem Vixen Tubus. Ganz genuau genommen hatten wir geplant, mit den 4" APO Refraktoren und unseren relativ leichten Vixen Montierungen, SP-DX resp. GP-DX, eine Reise auf die Kamarischen Inselln zu unternehmen. Daraus ist nichts geworden, mein APO ist geblieben. Den habe ich heute noch, und schätze ihn hoch.

Die Optik ist extrem farbrein. Da gibt es keinen Zweifel. Und scharf auch noch. Es gab diverse Vergleiche. Einmal gegen Zeiss APQ, Astro-Physics Traveller, Walters aktuellen TMB APO (den APM hat er dafür verkauft). Vier hochkarätige Optiken waren hier am Start in einem Vergleichs und Beobachtungstest. Ich kenne auch den Vixen Fluorite APO, der ist allerdings ein Zweilinser, aber auch nicht aus Butter. Und einmal hatte ich das Glück, gegen einen Takahashi TSA 102 vergleichen zu dürfen. Diese beide habe ich im Startest nicht mehr auseinander halten können. Wenn sich der Tak Super-APO nennen darf, darf das meiner auch. Punkt. Und ist auf jeden Fall eine Referenz Optik.

Das Objektiv ist mit dem Tubus verschraubt, der Flansch ist jedoch zweiteilig. Somit ist das Objektiv über Zug- und Druckschrauben justierbar. Die Taukappe ist natürlich bei dieser schlichten Tubusausführung nicht einziehbar, und sie ist relativ kurz. Die Optik beschlägt in sehr feuchten Nächten nach geraumer Zeit, die Taukappe ist ein besserer Streulichtschutz. Als Refraktor bringt die Optik natürlich von Anfang einer Beobachtung an eine passable Leistung, jedoch, bis die volle Performance abrufbar ist, dauert es schon rund anderthalb Stunden. Luftspalt Triplets sind etwas zäh in dieser Hinsicht.

Ein Blick auf die Linse:Staub zeigt, dass der Refraktor doch Einsatzzeiten unterm Nachthimmel bekommt. Multicoating war damals noch was Besonderes, für wirklich hochwertige Optiken.

Die ersten Einsätze verbrachte der 100/800 APO auf meiner Vixen SP-DX, für visuelle Einsätze. Leider, möchte man sagen, viel zu wenige. Aber es ist halt ein Vierzöller. Der APO schlägt sich tapfer, doch mein Ceravolo HD145 hat eindeutig die Nase vorn, und so viel aufwändiger einzusetzen ist er auch nicht. Was man mit einem 4" Triplet APO "reißen" kann: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, wenn er auch noch so gut ist.

Es ist die Zeit gekommen, wo ich meinen 8" MN in meiner 2004 fertiggestellten Sternwarte für eine lange Zeit "geparkt" habe, und den 4" APO wollte ich auch drin haben, er wurde parallel montiert, in massiven Leitrohrschellen, um die Optiken exakt ausrichten zu können. In meiner Sternwarte wurde der APO fast ausschließlich für Sonnenbeobachtung verwendet, fallweise als Leitrohr. Edel Leitrohr, wenn schon. Fallweise "entführte" ich den APO, so z.B. für Ereignisse wie Transite von Merkur und Venus, sowie partielle Sonnenfinsternisse. Die totale Sonnenfinternis 1999 bestritt ich natürlich auch mit diesem APO. Irgendwann brachte ich ihn nach einem Außeneinsatz nicht mehr zurück in die Sternwarte, so bekam mein APO auch wieder etwas "externe" Nachtluft mit. 

Der APM 100/800 APO in meiner Sternwarte, hier paralell montiert zum MN86 auf der AOK WAM 450 move

Einsatz zur Sonnebeobachtung in meiner Sternwarte

Einsatz anlässlich der partiellen Sonnenfinsternis am 20. 3. 2015

Im Vordergrund der 100/800 APO beim Merkur Transit am 9. 5. 2016

Und hier im Foto Einsatz zur Supernova 2016coj (NGC 4125) und Supernova 2016cok (M66) am 6. 6. 2016

Natürlich, wenn ich durch sehe, ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert wie schön und tief Stern Eigenfarben gezeigt werden. Es ist delikat. Und man kann mit dieser Optik auch ordentlich ins "Kletzeln" gehen, kleine, helle Objekte mit lächerlich hoch gedrehter Vergrößerung angehen, noch etwas "raus destillieren". Meist dient er nächtlicher Genussbeobachtungen. Auch als Extrembeobachter, der immer an der Grenze kratzen muss, darf ich mich manchmal genussvoll einer Beobachtung hingeben, und einfach ästhetisch die Abbildungsleistung bewundern.

In meiner "Raupensammlung" hat dieser Refraktor seinen festen Platz. Auch wenn es für mich nicht so wirkt, in der Rückschau sehe ich, er bekommt doch seine Einsatzzeiten. Für alles, was mit Sonne zu tun hat, ist er mein Tool dafür. Und nächtlich kommt er doch immer wieder mal zum Einsatz. Zumindest eine denkenwürdige Beobachtung damit gab es. Jupiter und Saturn nur ein paar Grad am Himmel auseinander. Es war in der Morgendämmerung des 14. 8. 1999. Nach einer durchdrehten Beobachtungsnacht nahm ich die beiden Planeten nocheinmal ins Visier. Das Seeing war absolut ruhig, da zupfte nichts am Bild herum. Bei 213x war vor allem Jupiter eine Wucht, was da an Details und Farbschattierungen zu sehen war. Saturn messerscharf, ich wechselte immer wieder zwischen den beiden Planeten hin und her, bis sie letztlich im Fernrohr verblassten. 

Der 100/800 APO ist in dieser Form natürlich kein Sammlerstück, es ist ein Keeper, fürs Beobachten. Nun, wo ich diese Zeilen schreibe, im Februar 2019, ist es etwas mehr als 20 Jahre her seit dem First Light. Mir tut es der schlichte Tubus, einzig der 2" Zahnstangenfokussierer ist ein bisserl mau für diese Optik. Der Vixen Tubus ist sowieso klassisch schön, er erninnert an die Zeit, aus der dieser APO stammt. Immerhin, auch Takahashi hat mit dem TSA 102 einen ähnlichen Weg beschritten - schlichter Tubus mit fixer Taukappe und Zahnstangenfokussierer, nur um einen günstigeren Preis halten zu können. Für Typen wie mich, denen es um die Optik geht, nicht um Schnickschnack, gibt es halt auch eine Grenze, was man ausgeben will. Wäre ein Vierzoll APO nur wesentlich teurer zu haben gewesen, hätte ich auf dieses Vergnügen verzichtet.

Howdii